Musik: trad.
Text: Friedrich Gundolf
russischer Text: Tanja Oleynik
Arrangement: Marcellus Seng
Aufnahme und Mischung: Marcellus Seng im GinSeng Studio, Köln
Tanja Oleynik (Gesang), Marcellus Seng (Altsaxophon), Martin Kübert (Akkordeon), Raimund Kroboth (Böhmische Waldzither)
Gedruckt wurde das Lied erstmals in der Zeitschrift „Jugendland“ im Wolff-Verlag, fand seine größte Verbreitung dann aber durch die Aufnahme in das 1933 erschienene und überaus populäre Heft „Lieder der Südlegion“.
Dem Stück wirkt abgehoben und vergeistigt, ja in Teilen sogar esoterisch, was aber in der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich und für den George-Kreis durchaus typisch war. Gesungen wurde es trotz seiner bündischen Herkunft offenbar vorwiegend in katholischen Kreisen, so etwa Ostern 1940 bei einer religiösen Jugendtagung in Altenberg. Das Lied galt auch als Lieblingslied des aus der katholischen Jugendbewegung hervorgegangenen „Grauen Ordens“, dessen Leiter Willi Graf später der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ angehörte. Hier wiederum war es insbesondere Sophie Scholl, die „Schließ Aug und Ohr“ so populär machte, dass es schließlich als „Lied der Weißen Rose“ galt.
Sowohl die bündische wie die konfessionelle Jugendbewegung hatten in den 1930er und 1940er Jahren ein ausgesprochenes Faible für russische Weisen und Themen. Das wird hier nun mehr als 60 Jahre später von einer jungen Kölner Russin, Tanja Oleynik, pur und schön erwidert. An den Instrumenten drei Kölner Worldmusic-Cracks: Marcellus Seng, Raimund Kroboth (beide Schäl Sick Brass Band) und Martin Kübert (Carlos Robalo Combo etc.).
Es überrascht nicht, dass es die „musikalische Nähe zum russischen Liedgut“ war, die Tanja i Towarischi dieses Stück auswählen ließen. Sie wollten eine „einfache und gefühlvolle Interpretation, die die Seelenverwandtschaft zu russischen Balladen unterstreichen“ soll. Bei der Auseinandersetzung mit Inhalt und Hintergrund des Liedes machten die Musiker dann jene Erfahrung, die sie wahrscheinlich mit vielen jener Jugendlichen teilen, die „Schließ Aug und Ohr“ während der NS-Zeit sangen. Jedenfalls kamen sie zu der „Erkenntnis, dass an sich unpolitisches freies Denken und Singen in einem totalitären System quasi automatisch zu einer Form des Widerstandes werden“ kann.
Schließ Aug und Ohr für eine Weil vor dem Getös der Zeit
Du heilst es nicht und hast kein Heil, als wo dein Herz sich weiht.
Twoju duschu, serdce posweti etim slojnim wremenam.
Dein Amt ist hüten, harren, sehn, im Tag die Ewigkeit,
Du bist schon so im Weltgeschehen gefangen und befreit.
Ti rodilsja w etoi jizdni polnoi dolgogo puti.
Es kommt der Tag, da man dich braucht, dann sei Du ganz bereit
und in das Feuer, dass verraucht, wirf dich als letztes Scheit.
I w ogon gorjaschii ti woidi da za prawdu pobedi.
Tanja Oleynik |
Auszug aus dem zwischen 1936 und 1941 entstandenen Liederbuch eines Kölner Pfadfinders |