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Die römische Flotte in Köln

Bild der 31. Woche - 2. August bis 8. August 2021

Kriegsverbrannte medizinische Instrumente aus dem Flottenlager Köln-Alteburg, Brandschutt, Römisch-Germanisches Museum, Inv.-Nr. 27,4988 & 27, 4747 & 27,3387 & 27,3506 &27, 3263 & 27,5158 & 27,4226, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln, Anja Wegner

Waffen von der Alteburg, Römisch-Germanisches Museum, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln, Anja Wegner

Grabung Alteburg, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln

Wenn man heute im ruhigen, durch Alleen gesäumten Villenviertel Köln-Marienburg spazieren geht, ist kaum zu erahnen, dass auf dem Gelände vor 2 000 Jahren eine der wichtigsten Militärbasen des römischen Imperiums errichtet war: das Flottenkastell Alteburg, das Hauptquartier der römischen Rheinflotte Classis Germanica und das bislang einzig bekannte römische Flottenkastell in Deutschland.

Der Rhein galt bereits im römischen Reich als wichtiger Handelsweg, über den u. a. die Handwerkswaren wie etwa Glas und Keramik aus der großen Handelsmetropole Colonia Claudia Ara Agrippinensium, dem heutigen Köln, zu den Handelspartnern im gesamten Imperium transportiert wurden. Zugleich war dieser Rheinabschnitt auch eine Grenze des römischen Imperiums und ein natürliches Hindernis zwischen den germanischen Siedlungen rechtsrheinisch und den römischen Zivil- und Militärsiedlungen. Zum Schutz des Niedergermanischen Limes wurde bereits um 13 v. Chr. eine Heerflotte etabliert, die Classis Germanica, die für die Überwachung des gesamten Flusses verantwortlich war und fortan in mehreren militärischen Offensiven eingesetzt wurde.

Fundmaterial im Flottenkastell

Ab der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. entstand am heutigen Kölner Bayenthalgürtel eine befestigte, trapezförmige Anlage für jene Classis Germanica. Auf sechs bis sieben Hektar wurden bis zu 1 000 Personen untergebracht, so die Schätzungen der Archäolog*innen. Ausgrabungen an dieser Stelle gaben nicht nur die architektonischen Dimensionen des Kastells Preis, wie etwa den Grundrissen von langrechteckigen Mannschaftsunterkünften und Straßen aus verschiedenen Bauperioden (bis 270 n. Chr.), sondern boten spannendes Fundmaterial, die vom Alltag in Flottenkastell Alteburg erzählen: Neben den militärischen Funden wie den hier gezeigten Speerspitzen, Dolchscheiden und Schildnägeln, sind es vor allem zahlreiche Gegenstände aus dem zivilen Leben.

Denn mit den Legionen entwickelte sich auch Vicus, eine kleinere, zivile Siedlung, die u. a. durch Reste von Keramik- und Webproduktionen (genauer: einem Webgewicht, der Inschriften folgend für die Produktion von Segel der Flotte genutzt wurde) identifiziert werden konnte. Ein kleinteiliger, aber faszinierender Fund sind die medizinischen Instrumente, die wohl einem Arztgrab beigelegt wurden. Sie zeugen von präzisen, feinen Werkzeugen, die unserem heutigen Operationsbesteck wie beispielsweise Skalpellen nach wie vor ähneln.

UNESCO-Weltkulturerbestätte

Von den Überresten des Kastells ist an dem beschriebenen Ort heute nichts mehr zu sehen. Doch mit den Ausgrabungen Ende der 1990er-Jahre und den schriftlichen Befunden konnte das Bild auf das Flottenlager erweitert werden. Es handelte sich dabei nicht allein um die Unterbringung der Legionen und Marine, sondern belegte reges ziviles Leben im Kastell und von dem Leben in der rheinischen Grenzregion, dem Niedergermanischen Limes. Dieser wurde Ende Juli 2021 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt, um die kleinen und größeren Überreste von römischer Wehrgeschichte transnational entlang des Rheins zu schützen und zu bewahren.

A. Borggrefe