Bunte Sehnsuchtsorte

Bild der 28. Woche - 12. Juli bis 18. Juli 2021

Henri-Edmond Cross, Paysage provençal, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Inv.-Nr. Dep. 0659 FC, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln, Rolf Zimmermann

Zweifellos ist die Provence mit der Côte d’Azur einer der schönsten Plätze in Südfrankreich. Es erscheint daher nicht verwunderlich, dass Henri Edmond Cross (1856 – 1910) mit seinem Freund und Künstlerkollegen Paul Signac diesen Sehnsuchtsort für die Malerei entdeckte. Hier traf ihr Ideal einer farbigen Harmonie auf die passende Schönheit der Natur.

Anders als die Impressionisten zuvor, schufen Cross und Signac jedoch kein Abbild der Natur, sondern stellten die Farben, in ihrer Intensität und Leuchtkraft, in den Vordergrund. Dafür gaben sie das Malen im Freien nahezu auf. Kleinere Ölskizzen und die eigenen Erinnerungen dienten schließlich dem Schaffen im Atelier. Cross, Signac und auch der früh verstorbene Georges Seurat entwickelten nicht nur die Perspektive, sondern auch die Malweise der Impressionisten weiter. Dafür zerlegten sie ihre Gemälde in Punkte – in viele gleichgroße Punkte. Ihre Kompositionen bestanden aus einer streng systematisch angelegten Punktstruktur aus Komplementärfarben. Erst im Auge der Betrachter*innen verbinden sich die Farbeindrücke wieder zu einem einheitlichen Ton. Später etablierte sich dieser Malstil als »Pointillismus«.

Henri Edmond Cross verfolgte dieses Malverfahren – auch in Verbundenheit zu Seurat und Signac – sehr streng. 1898 malte er seine »Landschaft der Provence«, die seit 1999 als Leihgabe im Wallraf-Richartz-Museum zu sehen ist.

Beim ersten Anblick seiner Kunstlandschaft möchte man eigentlich am liebsten in dieses Bild hineinkrabbeln, so eindrucksvoll hat er die Szenerie festgehalten – auf der prachtvoll bunten Blumenwiese ist schließlich noch Platz. Cross verwandelte die Provence in eine von der Abendsonne bestrahlte Landschaft: Während im Hintergrund die Bäume bereits golden glänzen, sind einzelne Sträucher im Vordergrund nur leicht gelb beschienen. Selbst im Himmel ist der Glanz der abendlichen Sonne zu sehen, einzelne Wolken färben sich bereits violett, der Sonnenuntergang steht bevor. Auf der Blumenwiese verweilt ein Pärchen. Die Komplementärfarben erzeugen eine zauberhafte Stimmung.

Noch heute können wir uns an diesen Farbspielen in der Provence berauschen. Ob in Südfrankreich oder im Museum in Köln: Sehnsuchtsorte sind vielfältiger geworden und freuen sich auf ihre Entdeckung!

L. Jacobs