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Bild der 26. Woche - 28. Juni bis 4. Juli 2021
Es war ein bis dato, nasser Sommer, den der Südwesten Londons 1931 erlebte. Unerwartet schlug mit Beginn des traditionsreichsten Tennisturniers der Welt Mitte Juni das Wetter um: Vierzehn Tage lang litt Wimbledon unter Hitze und Sonnenschein. Noch heute ist eine Turnierausgabe auf dem Heiligen Rasen ohne Regentropfen eine Schlagzeile wert. Doch diese gebührten in den zwei Wochen 1931 vor allem einer Kölnerin: Cäcilia Edith »Cilly« Aussem (1909 – 1963) hatte sich auf beeindruckende Weise zum Wimbledon-Titel gespielt!
Karrierebeginn in Köln
Angetrieben vom Ehrgeiz ihrer Mutter Ursula begann Cilly im Jugendlichenalter mit dem Tennisspielen und gewinnt schon 1923 ihre ersten Titel für den KTHC Stadion Rot-Weiß Köln. Ihr Spiel von der Grundlinie war solide, lebte jedoch besonders von Fleiß und Disziplin. Ende der 1920er-Jahre gehörte sie zu den besten deutschen Tennisspielerinnen, gewinnt die Deutsche Meisterschaft 1927 und spielt bei internationalen Turnieren gegen die Größen der Zeit wie Helen Wills Moody aus den USA, Lilli de Alvarez aus Spanien oder Simone Mathieu aus Frankreich. Eine chronische Augenkrankheit wirft ihre sportliche Karriere jedoch immer wieder zurück.
»Cilly Aussem spielte besser denn je …«
Mit ihrem neuen Trainer, dem dreifachen Wimbledon-Sieger und US-Amerikaner Bill Tilden, kann sie ab 1930 neue Erfolge verbuchen. Zusammen arbeiten sie an ihrem Spiel: Die Vorhand spielt sie fortan schneller und setzt bei der Rückhand auf Präzision und Intelligenz. „Cilly Aussem spielte besser denn je und überrannte ihre Gegnerin« schreibt der Daily Telegraph als Aussem die Britin Violet Chamberlain bei einem Turnier in Frankreich mit 6:0 6:0 besiegt. Bevor sie nach Wimbledon reist, siegte sie auf roter Asche bei den internationalen Tennis-Meisterschaften Frankreichs, den heutigen French Open.
Karrierehöhepunkt in Wimbledon
In einem 96er-Spielerinnenfeld ist Cilly Aussem in Wimbledon 1931 an Position eins gesetzt. Alle Teilnehmerinnen müssen zuvor eine Startgebühr zahlen. Nach einem Freilos in Runde eins spielt sie sich problemlos durch die folgenden Partien und gibt erst im Viertel- und Halbfinale jeweils einen Satz ab. Im Finale erwartet sie eine Deutsche: Hilde Krahwinkel aus Essen ist beim Wimbledon-Turnier an Position vier gesetzt.
Als am 3. Juli um 14 Uhr Ortszeit das Finale auf dem Centre Court an der Church Road beginnt, stehen und sitzen knapp 20 000 Zuschauer*innen auf ihren Plätzen. Sie sehen einen einseitigen ersten Satz – die Kölnerin überzeugt mit sicherem Spiel. Anfang des zweiten Satzes ist Hilde Krahwinkel mit einigen Netzattacken erfolgreich – sie führt schnell mit 3:0. Doch Cilly Aussem spielt sich zurück ins Match. Am Ende machen ihre ausdauernde Beinarbeit und ihr bemerkenswerter Siegeswille den Unterschied. Sie schlägt Hilde Krahwinkel mit 6:2 und 7:5 und krönte sich mit 22 Jahren zu Deutschlands erster Wimbledonsiegerin.
Zurück in Köln
»Cilly Aussem Weltmeisterin» titelt die Kölnische Zeitung am Tag nach ihrem Erfolg, wohl gemerkt dem, dass es im Tennissport bis heute keine »Weltmeister*in« gibt, Wimbledon aber sicherlich den Status des wichtigsten Turniers des Jahres verdient. Kölns Oberbürgermeister Konrad Adenauer schickt gar ein Telegramm nach London: »Cilly, ganz Köln gratuliert zum Sieg. Ihre Heimatstadt ist stolz auf Sie«. Ein Jahr nach ihrem Erfolg fertigte der Maler Leo von König ein Portrait der Kölnerin an – und hält sie in der für Wimbledon typischen weißen Kleidung fest. Dieses Portrait schenkt Cilly Aussem 1959 ihrem ersten Tennisverein, dem KTHC Stadion Rot-Weiß Köln. Als Leihgabe kommt es 2017 in die Sonderschau »Konrad der Große. Die Adenauerzeit in Köln 1917-1933« im Kölnischen Stadtmuseum.
L. Jacobs