Ein göttlicher Mantel für einen König

Bild der 31. Woche - 3. August bis 9. August 2020

Federmantel ´ahu´ula, Hawaii & Polynesien & Ozeanien, vor 1824, Rautenstrauch-Joest-Museum, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln

Hunderttausende winzige gelbe und rote Federn, mühsam zusammengesammelt und in jahrelanger Arbeit miteinander verknüpft. Ein Symbol von Macht und Prestige, angefertigt in den leuchtenden Farben der Götter. Ein Mantel, nur eines Königs würdig.

Im Jahr 1819 bestieg Kamehameha II. den Thron und übernahm die Herrschaft über das von seinem Vater geeinte Königreich Hawaiʻi. Zu seiner feierlichen Amtseinführung trug er ein ganz besonderes Prunkstück: einen kostbaren Federmantel, den man eigens für ihn angefertigt hatte. Die leuchtend gelb-rote Musterung betonte die göttliche Abstammung des neuen Königs. Schon James Cook bewunderte diese hawaiianischen Mäntel und verglich sie mit europäischem Samt.

Das Tragen eines solchen Mantels war in der hierarchisch organisierten Gesellschaft allein den hawaiianischen Adligen erlaubt. Einmal umgelegt, durfte ein Federmantel niemals mehr von einer anderen Person getragen werden. Grund hierfür war Mana, die spirituelle Energie der Trägerinnen und Träger. Mana wurde automatisch auf alle persönlichen Besitztümer übertragen. Insbesondere Randniedrigeren konnte diese spirituelle Energie äußerst gefährlich werden, sodass gerade ihnen der Umgang mit solchen Objekten verboten war.

Verwendet wurden für einen Mantel nur die Federn ganz besonderer Vögel: Die auffällig rote Farbe des prächtigen Iiwis und die gelben Achselfedern des Prachtmohos symbolisierten jeweils eine Form von Heiligkeit. Diese Federn schichtete man dachziegelartig übereinander und verknüpfte sie mit einer besonderen Flechttechnik auf einem sehr feinen Netz aus Pflanzenfasern. So sitzt bei dem oben gezeigten Mantel auch nach immerhin fast 200 Jahren noch jedes Federchen fest an Ort und Stelle.

Ein Federmantel für einen Schiffsoffizier

Kamehameha II. bestieg im Jahr 1824 ein Schiff und trat zusammen mit seiner Frau die beschwerliche Reise nach London an, um dem britischen König Georg IV. einen Besuch abzustatten. Kurz nach seiner Ankunft in London starben der König und seine Frau an Masern.

Während der Überfahrt erhielt der Eigner des Schiffes den hier gezeigten Mantel vom König als Geschenk. Auch wenn es sich wohl nicht um einen politisch bedeutsamen Mantel handelt, ist er aufgrund seiner auffallenden Größe und Qualität trotzdem sehr wertvoll. Nach mehreren Besitzerwechseln erwarb ihn das Rautenstrauch-Joest-Museum im Jahr 1957. Wer selbst einen näheren Blick auf den prächtigen Mantel werfen möchte, kann diesen in der Dauerausstellung des Museums bewundern.

Indigene Völker in Not

Die Ankunft der Europäer gegen Ende des 18. Jahrhunderts dezimierte auch die einheimische Bevölkerung des hawaiianischen Archipels durch eingeschleppte Krankheiten in gravierender Weise. Die alte Religion wurde bald unter äußerem Druck zugunsten des Christentums aufgegeben. Auch heute noch ist der Druck auf indigene Völker weltweit besonders groß: Bedroht wird ihre Lebensgrundlage durch die Folgen des Klimawandels, rücksichtslose Rohstoffausbeutung und fehlende Rechte. Jedes Jahr am 9. August macht der UN-Tag der indigenen Bevölkerungen auf diese Missstände aufmerksam.

L. Wirges