Das Rätsel um das Dreikönigenrelief

Bild der 16. Woche - 20. April bis 26. April 2020

Anbetung der Heiligen Drei Könige [mit ergänzten Fragmenten], Werkstatt des Meisters Arnt von Kalkar und Zwolle, 1480–1490, Museum Schnütgen (Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln / Marion Mennicken)

Figur eines knienden Dieners aus dem Relief mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige, Werkstatt des Meisters Arnt von Kalkar und Zwolle, 1480–1490, Museum Schnütgen (Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln / Marion Mennicken)

Die kleine Figur, die gerade ein golden glänzendes Geschenk für das Jesuskind aus einer Tasche hervorholt, gehörte ursprünglich zum großen Relief mit der Anbetung der Heiligen Drei Könige von Meister Arnt. Dieses um 1480 geschnitzte Bild mit seinen zahlreichen lebhaften Figuren befindet sich bereits seit 1993 im Kölner Museum Schnütgen.

Es konnte 2019 um einige bislang verschollene Fragmente ergänzt werden – darunter auch die Figur des eifrigen Dieners mit dem Geschenk. Hinzu kommen zwei weitere Begleiter der Könige, die einander im Gespräch zugewandt und zugleich auf Maria mit dem Jesuskind im Zentrum des Bildes ausgerichtet sind. Die sensationelle Möglichkeit, dieses wichtige Werk der spätgotischen Schnitzkunst nun wieder vervollständigen zu können, nahm das Museum Schnütgen zum Anlass, die erste umfangreiche Einzelausstellung zur Kunst des bedeutenden niederrheinischen Bildschnitzers Arnt von Kalkar und Zwolle auf die Beine zu stellen. Von dem Meister, dessen Namen wir aus mehreren schriftlichen Dokumenten kennen, sind große und kleinere Altarretabel sowie zahlreiche einzelne Figuren erhalten. Einige davon befinden sich noch an ihrem ursprünglichen Bestimmungsort in verschiedenen Kirchen am Niederrhein und den heutigen Niederlanden.

Die nun wieder am rechten Bildrand des Anbetungsreliefs im Museum Schnütgen positionierten Figuren geben uns einen vollständigeren Eindruck von der ursprünglichen Erzählfreude des Bildes. Meister Arnt und seine Zeitgenoss*innen schmückten die biblischen Geschichten gerne um zahlreiche Details aus und machten sie damit anschaulicher und lebhafter: Während aus dem Bildhintergrund des Reliefs das Gefolge der Könige in einem langen Zug mit Pferden und Kamelen eintrifft, lässt uns Meister Arnt mit dem am vorderen Rand knienden Diener ganz aus der Nähe am Auspacken eines weiteren Geschenkes teilhaben.

Obgleich kein Zweifel an der Zusammengehörigkeit des Reliefs und der hinzugekommenen Fragmente besteht, bleiben offene Fragen zum ursprünglichen Erscheinungsbild des Werkes bestehen. Anders als erhofft, lassen sich die wieder zusammengeführten Elemente aus mehreren Gründen nicht nahtlos miteinander verbinden und werden in der Sonderausstellung »Arnt der Bilderschneider – Meister der beseelten Skulpturen« mit einem kleinen Abstand zueinander präsentiert. Die spannenden Überlegungen zur Rekonstruktion können Besucher*innen der Ausstellung anhand einer digitalen Animation nachvollziehen. Zahlreiche exquisite Stücke aus Arnts Werkstatt, die zum Teil für die Ausstellung aufwendig restauriert wurden, lassen sich erstmals in der direkten Gegenüberstellung betrachten.

V. Hille