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Die Rübe kommt nach Köln

Bild der 12. Woche - 21. bis 27. März 2011

Johann Jakob Schmitz, Bildnisse der Eheleute Johann Jakob und Margarethe Herstatt, Öl auf Leinwand, mit Rahmen 142 x 99 bzw. 101 cm, Kölnisches Stadtmuseum

Die beiden Porträts des Kölner „Starmalers“ Johann Jakob Schmitz (1724–1810) zeigen das Ehepaar Johann Jakob und Margarethe Herstatt. Sie zeigen ein sehr wohlsituiertes gutbürgerliches Paar in den besten Jahren. Johann Jakob wurde 1743 in Köln als Sohn von Isaak Herstatt und Gertrud geb. Lomberg geboren. 1766 heiratete er Margaretha von der Leyen (1735–1811), eine Tochter des Krefelder Seidenindustriellen Peter von der Leyen. Sie hatten sechs Kinder. Auch je zwei weitere Geschwister des Ehepaares schlossen untereinander die Ehe. Die familiären Beziehungen der beiden Familien lassen sich u.a. auf den ihnen eigenen rigiden Protestantismus mennonitischer Prägung zurückführen. Die Angehörigen der Familie Herstatt waren Hugenotten aus Valenciennes, die im 18. Jahrhundert nach Köln gekommen waren. Sie gehörten bald zu den führenden Kölner Textilverlegern. Nach dem frühen Tod der Eltern betrieb Johann Jakob mit seinem älteren Bruder Johann David (1740–1809) ab 1761 eine gemeinsame Fabrikation für Seiden- und Florettbänder, in der bis zu 30 Posamentiermeister mit über 200 Webstühlen beschäftigt waren. 1782 gründete Johann David die Firma J. D. Herstatt (1888 liquidiert). Die restriktive und protestantenfeindlichen Wirtschaftspolitik der Reichsstadt führte dazu, dass der ältere der beiden Herstatts sein frei werdendes Kapital vermehrt ins Bankgeschäft investierte und allmählich die Fabrikation aufgab. Johann Jakob machte sich 1782 als Weinhändler selbstständig. Seit 1805 betrieb er in der ehemaligen Niederlassung der Abtei Altenberg, dem Altenberger Hof in der Johannisstraße, eine Zuckersiederei, in der er Rohzucker verarbeitete. Der Rohstoff kam über den Rhein aus den Kolonien der Nachbarländer. Mit zwölf männlichen und zwei weiblichen Arbeitskräften produzierte er 1806 rund 500.000 kg Zucker. Im selben Jahr dekretierte Napoleon die Kontinentalsperre, die die Einfuhr britischer Waren in französisches Staatsgebiet verbat. Davon war auch der koloniale Rohzucker betroffen. Aufgrund der einsetzenden Rohstoffknappheit gelang es Herstatt nicht, die Produktion wie geplant zu verdoppeln. Noch bevor die offizielle Anordnung der französischen Regierung über den Anbau von Zuckerrüben im Roerdepartement erfolgte, erhielt Herstatt die Erlaubnis, seine Fabrik in eine Rübenzuckermanufaktur umzuwandeln. Erstmals wurde hier in Köln Rübenzucker hergestellt. Auf dem Höhepunkt der Verarbeitung, der Kampagne, beschäftigte Herstatt 35 Arbeiter. 1811 verarbeitete sein Unternehmen 600.000 kg Rüben. Johann Jakob Herstatt starb vor 200 Jahren am 25. März 1811. 1815 kehrte man zum billigeren Kolonialzucker zurück, seine Fabrik wurde wie andere geschlossen. Weiteres zur Familie Herstatt finden Sie in den Bildern der Woche 27/2000; 12/2004 und 50/1998.

R. Wagner