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Der Holzschnitt, gerissen und geschnitten

Bild der 5. Woche - 28. Januar bis 4. Februar 2002

Albrecht Dürer (1471-1528), links: Ausschnitt aus: Maria erscheint Johannes dem Evangelisten, Holzschnitt, 39,9 x 28,0 cm, Wallraf-Richartz-Museum - Fondation Corboud, Graphische Sammlung Inv.-Nr. 25367; rechts: Ausschnitt der Druckplatte
Jost Amman (1539 - 1591), Der Reisser und der Formenschneider (links); Albrecht Dürer (1471-1528), Maria erscheint Johannes dem Evangelisten, Titelblatt des Zyklus zur Apokalypse

Geschichte Der Holzschnitt ist eines der frühesten druckgraphischen Verfahren und wurde um 1400 - vermutlich im süddeutschen Raum - entwickelt. Der älteste erhaltene Bildholzschnitt datiert in das Jahr 1418. In den 30er und 40er Jahren des 15. Jahrhunderts war der Holzschnitt in den Niederlanden, Italien, Frankreich und Deutschland bereits ein weit verbreitetes Medium. Voraussetzung hierfür war u.a die maschinelle Herstellung von Papier (in Deutschland seit etwa 1390). Mit der um 1450 von Johannes Gutenberg erfundenen Buchdruckkunst mit ihren beweglichen Lettern fand der Holzschnitt dann auch als Buchillustration massenweise Verbreitung. Der frühe Holzschnitt war thematisch fast ausschließlich religiöser Natur und diente der bildhaften Verkündigung der christlichen Heilslehre. Die wundersame Bildvermehrung in Form gedruckter Heiligenbildchen führte zu einer veränderten Einstellung der Gläubigen zu Seelenheil und Kunst. Sie konnten das gedruckte Bild jetzt beliebig oft zur Hand nehmen, waren bei der Anrufung um Fürbitte gewissermaßen autonom geworden. Gebet und Bildbetrachtung wurde so mehr und mehr zur Privatangelegenheit. Heutzutage, in einer Zeit allgemeiner Reizüberflutung, ist es vielleicht nur noch schwer nachvollziehbar, daß einem kleinen gedruckten Bild eine solche Macht zugesprochen wurde. Aber denken wir nur daran, welche Wirkung heutige Druckerzeugnisse, wie z.B. die Werbung, haben können. Sind nicht ganze Altersgruppen bereit, im Erwerb eines bestimmten Kleidungsstückes die Rettung ihres Seelenheils zu suchen? Doch verlassen wir jetzt diesen mehrdeutigen Grenzbereich täglicher Erfahrung. Als eindeutig profanes Medium hat der Holzschnitt in Form von Spielkarten eine weite Verbreitung erfahren. In ihrer Funktion zwischen Alltagsgegenstand und autonomen Kunstwerken angesiedelt, bildeten Spielkarten eine ganz eigene Gattung aus. Ein Höhepunkt der Holzschnitt-Kunst sind fraglos Albrecht Dürers Illustrationen der "Apokalypse" - der geheimen Offenbarung des Johannes. Sie gehören zu den großartigsten Zeugnissen der Renaissance-Kunst überhaupt. Diese Blätter haben einen bildhaften Eigenwert erreicht, der sie in den Rang autonomer Kunstwerke erhebt. Das Titelblatt aus dieser Folge von 16 Holzschnitten möchten wir Ihnen im Detail (Abb. oben links) und in einer Gesamtabbildungen (s. kleines Bild, Abb. rechts) vorstellen und damit Lust auf die Betrachtung aller 16 Original-Holzschnitte machen, die Teil der umfangreichen Bestände der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums - Fondation Corboud sind. Technik Als Druckstock diente beim Holzschnitt eine ca. 2 - 4 cm starke Holzplatte, vorzugsweise aus Birnbaum. Diese wurde gehobelt, geschliffen und geglättet, bevor auf die absolut ebene Fläche die Grundierung - meist weiße Kreide - aufgetragen wurde. Jetzt trug der Zeichner - auch "Reißer" genannt - die Vorzeichnung seitenverkehrt auf (s. kleines Bild, Abb. links oben). Im Druck wiederum erschien die Darstellung dann seitenrichtig. Anschließend begann der sogenannte Formenschneider (s. kleines Bild, Abb. links unten) die vorgezeichneten Linien haarscharf zu umschneiden, um anschließend den zwischen den aufgezeichneten Linien liegenden Holzgrund mit unterschiedlichsten Spezialwerkzeugen (u.a. Stichel, Rund- u. Flacheisen) auszuheben. So blieben nur die Linien und Flächen der Zeichnungen als Grate, Stege oder Inseln stehen (Abb. oben rechtes Bild). Der soweit fertiggestellte Druckstock wurde dann mit Druckerschwärze eingefärbt (meist mit Hilfe einer Walze), wobei nur die erhabenen Stellen (Stege) Farbe erhielten (Hochdruck). Für den Druck wurde ein saugfähiges, leicht angefeuchtetes Papier auf den Druckstock gelegt und vorsichtig angerieben (mit der Hand, dem Falzbein oder einer Bürste = Reiberdruck) oder aber - dies ist die Regel - mit einer Handpresse gedruckt. Da schon ein geringer Kraftaufwand für diesen Druckvorgang ausreicht, zeigen die gedruckten Blätter keinen Quetsch- oder Plattenrand, wie etwa beim Kupferstich. Dies ist, ebenso wie die auf der Rückseite des Blattes fühlbare Reliefstruktur, ein wesentliches Merkmal des Holzschnittes. Vorlage von Originalen der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums - Fondation Corboud: Dienstags und Mittwochs zwischen 10.00 Uhr und 16.00 Uhr. Der Vorlageservice ist im Eintrittspreis des Museums enthalten. Weitere Informationen unter Tel.: 221-23492 oder 221-24405.

O. Mextorf