Bild der 50. Woche - 10. bis 17. Dezember 2001
In der ersten Folge unserer Reihe Meisterwerke der Druckgraphik haben wir Ihnen Albrecht Dürers Meisterstich der Melancholie vorgestellt, ein an technischer Raffinesse kaum zu übertreffender Kupferstich aus dem Jahr 1512. Heute möchten wir Ihnen nun die Tiefdrucktechnik des Kupferstiches erläutern, wie sie in dieser Darstellung einer Kupferstecherwerkstatt von Jacob van der Straet (1523 - 1605) anschaulich gemacht wird. Geschichte Der Kupferstich ist das älteste aller Tiefdruckverfahren und entwickelte sich um 1400/40 aus den Techniken des mittelalterlichen Goldschmiedehandwerks, das sowohl die mit der Stichtechnik verwandte Gravur, als auch die sogenannte Niello-Technik, eine schwarzlinige Metallverzierung kannte. Der älteste datierte Kupferstich stammt aus dem Jahr 1446 (Meister von 1446: Passionsfolge, Berlin, Kupferstichkabinett). Technik Die Druckplatte besteht beim Kupferstich - wie der Name bereits verrät - aus Kupfer. Die Platte muß von homogener Dichte und einheitlicher Stärke sein, was beim Druckvorgang von Bedeutung ist. Zunächst wird sie sorgfältig geschliffen und glatt poliert. Anschließend wird die leicht angewärmte Platte mit einer dünnen Firnis- oder Wachsschicht überzogen, die weiß (Kreide) oder schwarz (Ruß) eingefärbt wird. Auf diese sogennannte Deckschicht wird dann die Vorzeichnung direkt oder mittels einer Pause - denn der Druck entsteht seitenverkehrt zur Vorzeichnung - aufgebracht. Anschließend zieht der Stecher die Linien der Zeichnung nach und ritzt sie dabei leicht in die Plattenoberfläche ein. Danach wird die das Bild tragende Wachsschicht entfernt. Der eigentliche Kupferstich wird jetzt mit einem sogenannten Grabstichel ausgeführt, mit dem Linien aus der Kupferplatte herausgehoben - gestochen - werden. Charakteristisch für diese Linie ist ihre spitz beginnende und dann breiter werdende Furche, bei der man von der für den Kupferstich typischen Taille spricht. Unsere kleine Abbildung aus Diderots Encyclopédie von 1751 zeigt dieses Charakteristikum, wenn man die Strichbreite am Anfang und in der Mitte der Linien vergleicht, deutlich (s. kleines Bild). Ist die Arbeit des Stechers abgeschlossen, wird die angewärmte Platte mit Farbe eingerieben - durch die Wärme verteilt sich die Farbe besser bis in die feinsten Furchen - und dann mit Lappen, Tüchern und dem Handballen blankgewischt. Die Farbe verbleibt jetzt nur in den gestochenen Vertiefungen. Daher die Bezeichnung Tiefdruck. Für den eigentlichen Druck wird ein angefeuchtetes und saugfähiges Papier auf die so vorbereitete Kupferplatte gelegt, mit Drucktüchern abgedeckt - sie nehmen überschüssige Feuchtigkeit auf und verteilen den Druck - und schließlich mit einer speziellen Kupferdruckpresse gedruckt. Auf diese Art wurden in der Regel 300 - 400, mitunter sogar bis zu 1000 Abzüge hergestellt. Doch die Anzahl von Abzügen ist begrenzt, da die Platte durch den Druck (Verquetschungen) und das ständige Neueinfärben (Verwischungen) stark beansprucht wird. Aus dem Druckvorgang ergibt sich ein weiteres wesentliches Merkmal des Kupferstiches: der Plattenrand, der durch den Druckvorgang in das Papier eingeprägt wird, wodurch sich der Kupferstich z.B. von späteren photomechanischen Reproduktions- und Kopierverfahren unterscheidet und als Original-Kupferstich zu erkennen ist. Vorlage von Originalen der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums - Fondation Corboud: Dienstags und Mittwochs zwischen 10.00 Uhr und 16.00 Uhr. Weitere Informationen unter Tel.: 221-23492 oder 221-24405.
O. Mextorf