Die Schlichtheit der Teezeremonie

Bild der 45. Woche - 5. bis 12. November 2001

Teeschale, Gelbe Seto-Ware, graues Steinzeug mit strohgelber transparenter Ascheglasur, Japan, frühes 17. Jahrhundert, Museum für Ostasiatische Kunst Köln, Inv. Nr. F 2001,6 OS Foto: (C) 2001 Friedrich Müller
Teeschale mit Verpackung (Futteral und Kasten), Meiji-Zeit (1868-1911)
Teeschale mit Verpackung (Futteral und Kasten), Meiji-Zeit (1868-1911)

Bei dem hier vorgestellten Stück aus dem frühen 17. Jahrhundert handelt es sich um die schönste und bedeutendste Teeschale der Sammlung, die dem Museum für Ostasiatische Kunst anläßlich der Ausstellung "Schwarz - Weiß - Grau" (bis zum 12. Januar 2002) von der Orientstiftung gestiftet wurde. Sie stammt aus einem der unweit von Nagoya gelegenen Seto Öfen und weist die für die "gelbe Seto-Ware" typische strohfarbene, mit einem feinen, netzartigen Kraquelée durchsetzte, transparente Ascheglasur auf, die an Stellen, wo sie dicker ist, eine grünliche Tönung annimmt. Beachtung verdienen auch die vereinzelten, durch Eisenoxid hervorgerufenen kleinen braunen Flecken, die der Glasur lebendige Natürlichkeit verleihen. Im Innern der Schale hat sich die Glasur am Boden gesammelt und bildet einen olivgrünen See mit einem zentralen, hellblau schimmernden Fleck, der an einen Mond erinnert. Solche Verfärbungen sind Zufallseffekte, die zum Beispiel durch Asche oder durch Temperaturschwankungen bzw. die Position im Ofen hervorgerufen werden können. Von Liebhabern und Kennern wurden derart unverwechselbare, einmalige Stücke besonders geschätzt, weil sich in ihnen der Geist und die Ästhetik der Tee-Zeremonie unmittelbar äußert. Auch die Form der Schale, die auf der Töpferscheibe gedreht, anschließend aber an den Seiten zusammengedrückt wurde, ist charakteristisch für diese Ästhetik der ungekünstelten Schlichtheit (wabi), die nicht auf glatte Perfektion, sondern auf subtile Einfachheit und natürliche Bescheidenheit abzielt. Von der hohen Wertschätzung dieser Teeschale zeugen auch die in Goldlack ausgeführten Reparaturen, die man in Japan als Teil der Alterspatina traditionell niemals kaschierte, weil sie zur "Lebensgeschichte" eines Objektes gehören. Die aus der Meiji-Zeit (1868-1911) stammende Verpackung der Teeschale (s. kleines Bild) besteht aus einem Futteral, in das man die Schale einhüllt, sowie einem Holzkasten, der am Boden und an den Ecken mit kleinen Seidenpolstern ausgestattet ist. Dieser mit der Bezeichnung des Stückes beschriftete Kasten wird wiederum in einem zweiten Lackkasten aufbewahrt. Unter dem Titel "Schwarz - Weiß - Grau" zeigt das Museum für Ostasiatische Kunst bis zum 12. Januar 2002 Zen-Kunst aus Japan. Da sich die Teezeremonie, wörtlich übersetzt "Teeweg" (chadô), im 16. und 17. Jahrhundert aus dem Zen-Buddhismus entwickelte, umfaßt die Ausstellung selbstverständlich auch Teegerät, darunter einige herausragende Teeschalen (chawan).

A. Schlombs