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Gebote und Verbote

Bild der 03. Woche - 15. Januar bis 21. Januar 2024

Zehngebotsfenster aus der Karmeliterkirche in Boppard / Bopparder-Gebote Fenster, Mittelrhein um 1440/1446 Köln, Museum Schnütgen,
Herkunftsort: Boppard, Ehemalige Karmeliterklosterkirche Unserer Lieben Frau

Zum diesjährigen Weltreligionstag am 21. Januar möchten wir Ihnen ein besonderes Objekt aus dem Museum Schnütgen vorstellen – eine großformatige Glasmalerei aus der ehemaligen Karmeliterkirche in Boppard am Rhein. Das kunstvolle Werk aus den 1440er Jahren erzählt auf eindrucksvolle Weise fünf der Zehn Gebote, die in Judentum und Christentum eine wichtige Rolle spielen, und führt sinnfällig deren Befolgung und Übertretung vor Augen.

Das faszinierende Stück bildete einst die untere Hälfte eines imposanten Fensters im Seitenschiff der Karmeliterkirche. In der oberen Hälfte, deren Malereien heute in Europa und den USA verstreut sind, zeigten die übrigen fünf Gebote sowie die Muttergottes im Strahlenkranz.
In klarer Farbigkeit haben die unbekannten Künstler der Bopparder Fenster für jedes Gebot zwei Szenen geschaffen, die einerseits das Einhalten und andererseits das Missachten eines Gebots darstellen. Über jeder Szene schwebt eine Wolke mit einem Schriftband, auf dem das jeweilige Gebot ausformuliert gegeben wird, als würde es direkt von Gott diktiert.


Die Darstellungen im Detail

Die erste Szene des Fensters zeigt Menschen, die sich mit Schwertern verletzen. Die Inschrift gibt dazu das fünfte christliche Gebot: "du solt nyman doetten" – "Du sollst niemanden töten". Zugleich sehen wir aber auch die Einhaltung dieses Gebots: Ein Mann und eine Frau helfen einem offenbar Hilfsbedürftigen.

Im Ausschnitt daneben ist ein sitzendes Paar zu sehen, zu dessen Füßen Kinder in betender Haltung knien. Hier wird das Gebot "Du sollst Vater und Mutter ehren" in idealer Erfüllung dargestellt. Im linken Hintergrund dagegen sehen wir die Übertretung: Kinder, die sich ganz offensichtlich hinter dem Rücken ihrer Eltern danebenbenehmen. Und wer ist Schuld? Das kleine Teufelchen, das ihnen ganz sinnfällig im Nacken sitzt. Es taucht in allen Szenen immer dort auf, wo die Gebots Gotts übertreten werden.
So geht es im Bopparder Fenster immer weiter: In der nächsten Szene etwa sind ein Altar und ein Priester zu sehen. Sie zeigt das vierte Gebot "Du sollst den Feiertag heiligen". Aber nicht alle halten sich daran: In der linken Bildhälfte sehen wir Menschen im Sonntagsputz, die offensichtlich lieber flanieren gehen, als sich zum Priester in den Gottesdienst zu gesellen.

Die letzte Gebotsszene im Bopparder Fenster zeigt Moses, der auf dem Berg Sinai die Zehn Gebote auf steinernen Gesetzestafeln direkt von Gott erhält.
Der gesamte untere Teil des Fensters ist der heiligen Elisabeth von Thüringen gewidmet. Die Heilige wird für ihre besondere Fürsorge für die Armen verehrt. Engelsfiguren halten stolz zwei Reichswappen, die auf den ursprünglichen Ort des Fensters hinweisen: die alte Reichsstadt Boppard. Bemerkenswert sind die zwei Engel, die der heiligen Elisabeth eine Krone aufsetzen. Damit wird sie der gekrönten Jungfrau Marien im Strahlenkranz gegenüber gestellt – also dem anderen, heute in Einzelteile verstreuten Bopparder Kirchenfenster.


Gebote – nicht nur im Christentum

Die christliche Kunst des Mittelalters kann Ausgangspunkt für interreligiöse Gespräche sein. Sie beschäftigt sich mit universellen menschlichen Themen, auf die sie eine spezifisch christliche Perspektive gibt. Andere Religionen geben anderen Antworten, beschäftigen sich aber mit denselben Fragen.
Welche Regeln braucht unser Zusammenleben und wer legt diese fest? Christentum und Judentum beantworten diese Frage mit den Zehn Geboten, die sie in der Geschichte von Moses und dem Auszug der Israeliten ins Gelobte Land auf Gott selbst zurückführen. Auch der Islam kennt ähnliche Gebote.

An verschiedenen Stellen bietet die Sammlung des Museum Schnütgen Gelegenheit, über solche interreligiösen Themen zu sprechen: Was ist uns "heilig"? Welche Rollen spiele für uns Bücher und heilige Texte? Ist der Tod für uns ein Thema – oder lieber nicht? Der Museumdienst möchte mit einem neuen Vermittlungsangebot mit interreligiösem Ansatz – einem buchbaren Schulworkshop – zu größerem Verständnis für die Inhalte und Werte der drei Buchreligionen beitragen.

C. Clever-KümperA. Borggrefe