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Der Papst ganz nah

Bild der 9. Woche - 25. Februar bis 3. März 2013

Franz von Lenbach, Papst Leo XIII, 1885, Weidenholz, 84,5 x 88 cm, Wallraf-Richartz-Museum-Fondation Corboud, WRM 1142 – Dieses Gemälde in www.kulturelles-erbe-koeln.de

Man kann nicht sagen, daß das Interesse an Papstporträts durch die Erfindung der Photographie gesunken ist. Gerade die größere Verbreitung des Papstbildes durch die Medien und erst recht durch die modernen elektronischen bzw. digitalen Medien weckt durch den Wiedererkennungswert das Bedürfnis nach dem sichtbaren Bild des Papstes. Anläßlich der Rücktrittes von Papst Benedikt XVI. in dieser Woche ist zu beobachten, wie das Bild dieses herausragenden Mannes allgegenwärtig wird. Das hier vorgestellte Gemälde des Malers Franz von Lenbach zeigt ein Porträt Papst Leos XIII., des Papstes, der ein ähnlich langes Pontifikat hatte wie Johannes Paul II. und der mit 93 Jahren der bisher ältestes Papst gewesen ist. Im Jahre 1878 im Alter von 68 Jahren gewählt, starb er nach 25 jähriger Regierungszeit im Jahre 1903. Auf dem Bild sieht man den 75-jährigen Papst als agilen, vom Alter kaum gebeugten Mann. Er wendet sich mit seiner Aufmerksamkeit nach rechts, sein Gesicht liegt halb im Schatten, der Hintergrund läßt aufgrund seiner Dunkelheit nicht erkennen, wo diese Szene angesiedelt sein soll: In einem der Gänge des Vatikanischen Palastes oder eines der kleineren Privatgemächer? Der in Schobenhausen (bei München) geborene und in München gestorbene Maler Franz von Lenbach (1836-1904) ist für seine Porträts berühmter Personen, vor allem Bismarcks, bekannt. Auch mit Leo XIII. hat er in diesem Bild ein berühmtes "Modell". Das Ergebnis ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der Berühmtheit ein eher enttäuschendes Bild. Nichts von dem damals noch aktuellen Prunk des vatikanischen Hofstaates, keine repräsentative Geste, nicht einmal ein um seine eigene Bedeutung wissender Blick des Porträtierten. Unter dem Blickwinkel einer differzierten Darstellung der Persönlichkeit, zeigt dieses Bild jedoch einen frischen, meisterlichen Charakter. In altmeisterlicher Malweise zeigt es eine private Nähe und "Flüchtigkeit". Trotzdem ist die Person vorteilhaft und taktvoll in Szene gesetzt, ohne ihr zu sehr persönlich nahezutreten. Es ist kaum vorstellbar, daß Papst Leo XIII. dem Maler in dieser Haltung modellgestanden hat. Eher ist man versucht anzunehmen, daß es sich um eine photographische Momentaufnahme handelt: Und in der Tat, Lenbach setzte die neue Technik der Photographie zur Anfertigung von Vorstudien ein.

T. Nagel