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Schach und die Vernunft

Bild der 4. Woche - 21. bis 27. Januar 2013

Man Ray, Retour à la raison,1939, Öl auf Leinwand, 200 x 124,5 cm, Museum Ludwig, Köln, ML 10033

Für dieses Gemälde "Retour à la raison" (Rückkehr zur Vernunft) übernahm Man Ray (geboren 1890 in Philadelphia, Pennsylvania, gestorben 1976 in Paris) den Titel seines ersten, im Jahr 1923 gedrehten Films. Es sind jedoch keine inhaltlichen oder formalen Ähnlichkeiten nachweisbar. Als zentrales Motiv des 1939 in Paris entstandenen Gemäldes dient das bildnerische Zitat von Lampshade (Lampenschirms) aus dem Jahr1919, jener sich abwärts drehenden Papierspirale, die von der Decke seines New Yorker Ateliers hing und von der eine Nachbildung in Metall ebenfalls zur Sammlung des Museum Ludwig gehört. Der zerschnittene Lampenschirm, ein „Ready made“ wie sie Rays Freund Marcel Duchamp erfand, kann in seinen Windungen und Wendungen ebenso wie die im Bild dargestellten Schachfiguren Springer und Läufer, als Zeichen der unsicheren, den Menschen zu Spielfiguren reduzierenden Vorkriegssituation gedeutet werden. Allerdings kann sich der hoffnungsvoll klingende Bildtitel auch auf Schachfiguren als Symbole von Vernunft und Inspiration beziehen – „insbesondere, wenn man bedenkt, daß der Läufer des Schachspiels im Französischen „fou“ genannt wird, also Hofnarr, Poet“ (Evelyn Weiss). Das Schachspiel ist zudem eine weitere Referenz auf Man Rays lebenslange Freundschaft zu Marcel Duchamp, der zwischenzeitlich eine Karriere als professioneller Schachspieler verfolgte und mit dem Ray seit 1915 gelegentlich eine Partie spielte. Die "Rückkehr zur Vernunft" gelang 1939 nicht. Im Jahre 1940, kurz vor der Besetzung von Paris durch deutsche Truppen, schließt Man Ray sein dortiges Atelier und flieht über Lissabon nach New York.1951 kehrt der amerikanische Künstler nach Paris zurück.