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Bild der 32. Woche - 6. bis 13. August 2007
Fortsetzung von Bild der Woche 30.07. bis 06.08.2007.
Von Hongniang, die die Reaktion ihrer Herrin auf sein Zitherspiel beobachtet hat (Blatt 8, BdW 31/2007), ermutigt, schickt Zhang Junrui Yingying ein „Frühlingsgedicht“ (Blatt 9, erstes Bild rechts):
„Meine heftige Sehnsucht vermehrt sich abermals – geistesabwesend ergreife ich die jadeverzierte Zither und spiele – die Klänge ertönen gerade im Frühling und sollten Dein Herz schon rühren. Ich vermag meine tiefsten Gefühle nicht mehr zurückzuhalten. Weshalb sollte ich leeres Lob schätzen? Wenn Du nicht den Mondglanz vergeuden willst, so habe doch Mitgefühl mit den Blumenschatten.“
(übersetzt von Edith Dittrich)
Yingying antwortet mit einem Gedicht, das Zhang als Einladung zu einem Rendezvous in der nächsten Vollmondnacht interpretiert:
„Im Westzimmer sitz ich, den Mond zu erwarten.
Halb öffne die Tür ich dem Winde entgegen.
Auf der Mauer die Blumenschatten bewegen
Sich schaukelnd, als stiege ein Freund in den Garten.“
(Nachdichtung aus dem Chinesischen von Vincenz Hundhausen)
Erwartungsfroh schwingt sich Zhang im Mondlicht über die Wand zum Westflügel, in dem die Frauen wohnen (Blatt 11, Bild oben).
Min Qiji hat diese Szene in einem Spiel von Spiegelungen und Schatten sehr originell gestaltet. Wo steckt zum Beispiel Zhang Junrui in diesem Holzschnitt? Kann man den jungen Mann tatsächlich in seinem Versteck erkennen? Zwei Mal ist er deutlich auszumachen: als Schatten und besonders klar im Spiegelbild des Wassers. Aber vom „richtigen“ Zhang Junrui ist nur ein Schuh und ein Ärmel hinter dem Gartenfelsen in der rechten oberen Bildhälfte sichtbar.
Auch der Mond, in dessen Betrachtung Yingying, die zusammen mit ihrer Zofe auf der Terrasse steht, scheinbar versunken ist, ist auf dem Blatt deutlicher als Spiegelung im Lotosteich zu sehen.
Diese optischen Effekte stellen eine Neuheit in der chinesischen Malerei dar und machen das Holzschnittalbum zu einem einzigartigen Werk innerhalb der chinesischen Kunstgeschichte.
Der gespiegelte Mond ist mit glückverheißenden Wolken geschmückt. Zhang Junrui hat an diesem Abend jedoch kein Glück bei Yingying. Hin- und hergerissen zwischen ihrer natürlichen Leidenschaft zu ihrem Retter und den anerzogenen strengen Moralvorstellungen siegt der Sinn für Konvention und ihre Vorsicht. Sie ist die Einzige, die bei dieser Liebesgeschichte alles riskiert. Zhang, männlich, alleinstehend, auf dem Weg in die Hauptstadt zum Beamtenexamen und einer möglichen Karriere, ist frei und ungebunden. Er kann sie verführen und sie anschließend für eine bessere Partie in der Hauptstadt verlassen. Ihre berechtigten Ängste bewirken einen Stimmungsumschwung. Wie die Spiegelungen im Wasser so ist auch die „wahre“ Yingying, d. h. ihre Liebe zu Zhang, nicht zu erkennen. Sie zeigt sich über Zhangs unziemlichen Annäherungsversuche scheinbar entrüstet, setzt ihn mit den Soldaten, die sie entehren wollten, gleich und weist ihn zurück.
Fortsetzung im übernächsten Bild der Woche
B. Clever