Wallraf und Richartz im Cabrio

Bild der 33. Woche, 18. August bis 25. August 2003

Die Büsten von Ferdinand Franz Wallraf und Johann Heinrich Richartz auf dem Weg in das Wallraf-Richartz-Museum
Blick in die Eingangshalle des Museums mit den neu aufgestellten Büsten

„Das sind echte Römer“, so der Ruf eines vorbeifahrenden Lieferanten, der den beiden Marmorbüsten auf dem Anhänger vor dem Wallraf-Richartz-Museum galt. Und da standen sie in ihrem „Cabrio“ vor dem Museum. Die alte Büste von Richartz und die neue Büste von Wallraf. Beide Büsten wurden bei dem Bombenangriff der St.-Peter-und-Paul-Nacht 1943 beschädigt, jener Nacht, in der das alte Wallraf-Richartz-Museum ausbrannte (s. BdW 23. bis 30. Juni 2003). Während die stark beschädigte Büste Wallrafs seit 1960 nicht mehr aufzufinden ist, und seit dem als vollkommen zerstört gilt, blieb die von Richartz‘ erhalten, war aber sozusagen „geköpft“. Sie wurde bereits im Jahre 1961 und nun neuerlich restauriert. Um das Ensemble der beiden Namensgeber des Museums wieder zu vervollständigen, rekonstruierte der Bildhauer Serban Rusu das verlorene Gegenstück nach der auf unserem Bild zu sehenden Fotografie. Der am 27. Juli 1748 in Köln geborene Sammler Ferdinand Franz Wallraf war ein vielseitiger Mensch. Er war Priester, Lehrer am Gymnasium, Professor für Botanik, Rektor der Universität und schließlich an derem Nachfolgeinstitut, der Ecole Centrale, zuständig für die Fächer Geschichte und Ästhetik. Stand am Anfang seiner Sammelleidenschaft der Wunsch nach Anschauungsobjekten für seinen Unterricht, so verlagerte sich diese zunehmend auf Kunstobjekte. Als die französischen Revolutionstruppen mit dem „Ausschlachten“ der Klöster und Kirchen begannen, „landeten“ viele wertvolle Kunstwerke auf der Straße, die Wallraf rettete und in seiner Sammlung bewahrte. Seine testamentarische Verfügung, die an seinem Todestag am 18. März 1824 in Kraft trat, begründete nicht nur das heutige Wallraf-Richartz-Museum, sondern wurde auch verpflichtend für alle nachfolgenden Sammlungen der Stadt Köln. Das erste Gebäude für die Wallraf-Sammlung ermöglichte der Kaufmann Johann Heinrich Richartz, der sein Vermögen im Ledergroßhandel machte. Der am 17. November 1795 in Köln geborene Richartz schenkte im Jahre 1854 seiner Vaterstadt 100000 Taler zum Bau eines Museums. Die Bedingung, die er an seine Schenkung knüpfte, betraf die Wahl des Architekten. Der Modearchitekt Josef Felten sollte verpflichtet werden, der schon die Pläne für Richartz Wohnhaus gezeichnet hatte. Damit der Museumsbau vollendet werden konnte, mußte Richartz weitere 100000 Taler zuschießen. Am 1. Juli 1861 wurde das Wallraf-Richartz-Museum schließlich feierlich eröffnet. Doch auch der zweite Namensgeber sollte diesen Tag nicht mehr erleben. Richartz war bereits am 22. April desselben Jahres verstorben. Beide Büsten schuf der Bildhauer Gustav Hermann Blaeser (1813-74) zwischen 1855 und 1861. Als erstes fertigte er die Richartz-Büste, nach mehreren Besuchen bei diesem, an. Das Ergebnis zeigt einen leicht skeptisch blickenden Mann mit teigigen Wangen, einem modischen Backenbart, hoher Stirn und welligem Haar. Erst im Jahre 1861 begann Blaeser mit der Wallraf-Büste. Zu diesem Zeitpunkt war Wallraf allerdings schon 37 Jahre tot. Deshalb nahm sich Blaeser offensichtlich das Ölgemälde von Egidius Mengelberg (WRM Inv.1116) als Vorlage. Mengelberg war sein ehemaliger Zeichenlehrer, der das Wallraf-Porträt im Jahre 1824, also im Todesjahr Wallrafs gemalt hatte. Der etwas kantig wirkende Kopf der Büste scheint den Denker mit hoher Stirn und leicht zerzaustem Haar idealisierend wiederzugeben. Auftraggeber der beiden Büsten der Museumsgründer war die Stadt Köln, die sie im Vestibül des im Jahre 1861 eröffneten Wallraf-Richartz-Museum auf hermenartigen Sockeln aufgestellt sehen wollte. So schließt sich der Kreis, denn der neue Aufstellungsort der Büsten ist ebenfalls das Vestibül des nunmehr fünften Museumbaues, der den Namen der beiden Gründerväter trägt.

B. Hammerschmidt