Bild der 25. Woche - 23. bis 30. Juni 2003
Wenn uns in den Medien die Bilder von "Präzisionsbomben" und ihren "Wirkungen" begegnen, so ist der Anteil der Menschen unter uns, die sich aus eigener Erfahrung an die Schrecken des Krieges in Deutschland erinnern, nicht mehr sehr hoch. 60 Jahre ist es nun her, daß in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni der schwerste Luftangriff des Jahres 1943 die Stadt Köln in ein brennendes Inferno verwandelte. 4377 Kinder, Frauen und Männer kamen in den wenigen Stunden ums Leben, 230.000 Menschen verloren Hab und Gut. Diese "Erfahrung" war für die Kölner nicht neu, denn in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1942 hatten tausend Bomber der Royal Air Force Köln bereits massiv bombardiert (747 Zivilisten kommen ums Leben, 3300 Gebäude werden zerstört). Neu war in der Peter-und-Paul-Nacht 1943 für Köln die Erfahrung, daß Museen vollständig in Flammen aufgingen und unwiederbringliche Kunst- und Wissensschätze zerstört wurden. Zwar hatte die Museumsleitung bereits im August 1939 das Wallraf-Richartz-Museum (s. kleines Bild oben) geschlossen und damit begonnen, wichtige Kunstwerke auszulagern, die Kriegseuphorie der "Blitzfeldzüge" führte jedoch zu einer Wiedereröffnung 1940 "in Form einer kleinen Kriegsgalerie". Nach den schweren Treffer der 1000-Bomber-Nacht 1942 begann man erneut mit Auslagerungen und weiteren Schutzmaßnahmen. Die Tatsache jedoch, daß es dem Museumsmitarbeiter Dr. Helmut May mit beherzten Helfern gelungen war, die Brände des Bombenangriffs im Gebäude zu löschen, ließ die Lage nicht hoffnungslos erscheinen. So wurde im Museum auch nach 1942 weitergearbeitet. In der Nacht vom 28. auf den 29. Juni 1943 brach dann die Katastrophe über das Wallraf-Richartz-Museum herein. Brand- und Phosphorbomben durchschlugen das Dach des Hauses und das der benachbarten Minoritenkirche. Der Dachstuhl, die Geschoßböden und die Wandvertäfelungen des Museums brannten lichterloh. Die verstärkten Kellerdecken hielten dem Druck zwar stand, nicht aber dem Feuer. Als man nach 14 Tagen zum erstenmal die Ruine betreten konnte, stand nur noch das Skelett der Außenwände (Bild oben). Die Verluste der Peter-und-Paul-Nacht waren hoch: Die 50 ausgestellten Werke verbrannten vollständig (darunter Gemälde des 15. Jahrhunderts), das Archiv der Römischen und Germanischen Abteilung des Museums (darunter das gesamte Planarchiv der Kölner Ausgrabungen seit dem 19. Jahrhundert) war weitgehend zerstört, römische Werke brannten aus. Nur teilweise gelang es, aus dem Schutt des Kellers noch Schätze zu retten (s. z. B. Bild der 49. Woche - 30. November bis 7. Dezember 1998). Diese Woche, in der sich die Peter-und-Paul-Nacht zum 60. mal jährt, erinnert noch an ein weiteres wichtiges Datum für das Wallraf-Richartz-Museum: Am 25. Juni 1953, also vor 50 Jahren, wurde der Grundstein für den Wiederaufbau - oder besser gesagt - den Neubau des Museums an gleicher Stelle gelegt. Fast genau 10 Jahre nach der vollständigen Zerstörung entstand das Wallraf-Richartz-Museum in den Jahren 1953 bis 1957 nach den Plänen von Rudolf Schwarz und Josef Bernard neu (s. kleines Bild unten). Heute befindet sich in diesem Gebäude das Museum für Angewandte Kunst.
T. Nagel