Hitze - und kein Ende in Sicht?

Bild der 32. Woche, 11. August bis 18. August 2003

Kees van Dongen La maison à Fleury, 1905 Öl auf Leinwand, 55,9 x 45,7cm Wallraf-Richartz-Museum – Fondation Corboud, Inv. Nr. Dep. 661

Im grellen Sonnenlicht steht das „Haus in Fleury“ vor einem wolkenlosen, strahlend blauen Himmel. Der Himmel, der fast Zweidrittel des Ölgemäldes einnimmt, scheint dort, von wo die Sonnenstrahlen herkommen, gelb zu glühen. Das Dach des Hauses flimmert in der Hitze. Die rote Farbe seiner Dachziegel vermischt sich mit der blauen des Himmels und der gelben der Sonne. Wand und Dach des Hauses springen an einer Stelle um eine Mauerstärke nach vorne. Der dadurch entstehende lilafarbene Schatten nimmt nur eine kleine Fläche ein. Kein Mensch, kein Tier lassen sich in der Hitze blicken. Eine bogenförmige Pflanze vor der Haustür und ein schmaler grüner Streifen entlang des Fundamentes des Hauses mit zwei roten Tupfern sind die einzige Vegetation. Das Jahr 1905, in dem dieses Bild entstand, sollte für seinen Maler Kees van Dongen (eigentl. Cornelis Theodorus Maria van Dongen) ein Wendepunkt im künstlerischen Schaffen bedeuten. Der niederländische van Dongen (Delfshaven 1877 – 1968 Monaco) wurde in seinen Anfängen von den Impressionisten beeinflußt. Daher ließ er sich nach seinem Studium an der Akademie für Bildende Künste in Rotterdam im Jahre 1899 in Paris nieder, zwanzig Jahre später sollte er französischer Staatsbürger werden. Im Winter 1904/05 hellte sich die Palette seiner Farben auf. Sein Pinselduktus wurde breiter und rascher. Die kräftigen Farbkontraste seiner Bilder jener Zeit, die durch die Verwendung reiner Farben gesteigert wurden, könnten als Vorwegnahme des Fauvismus gesehen werden, dessen Gruppe um Henri Matisse er sich dann im Jahre 1905 anschloß. Van Dongen wohnte in jener Zeit im Mietshaus Bateau-Lavoir (Wäschekahn) am Montmatre, das zu seinen Bewohnern auch unter anderem Pablo Picasso, Georges Braque und Juan Gris zählte, durch die es schließlich zu einer Hochburg des Kubismus werden sollte. Doch van Dongen schlug einen anderen Weg ein. Er malte noch bis 1913 im fauvistischen Stil und mit Vorliebe Porträts. Schließlich sollte er in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts ein beliebter Porträtist werden. Das Gemälde „Haus in Fleury“ gehört zu einer Serie von Landschaftsbildern, die van Dongen bei einem mehrmonatigen Aufenthalt mit seiner Familie in Fleury-en-Brière im Sommer des Jahres 1905 malte. Der tiefliegende Horizont ist diesen Bildern gemeinsam. Auffallend an unserem Bild der Woche ist die Dominanz der drei Primärfarben Blau, Rot und Gelb. Der grüne „Farbklecks“ des Bildes, die bogenförmige Pflanze vor der Haustür, erfährt eine besondere Betonung, da hier der kräftigste Komplementärkontrast rot-grün aufeinandertrifft. Das Grün der Pflanze wächst über die Traufe des Daches, um dort von den wenigen rein roten Dachziegeln flankiert zu werden. Die Pflanze scheint wenigstens gegen die Hitze immun zu sein. Sie reckt sich förmlich der Sonne entgegen.

B. Hammerschmidt