Der Römerturm

Bild der 19. Woche - 12. bis 19. Mai 2003

Georg Osterwald, Der Römerturm, 1836 Aquarell auf Papier; 27,5 cm x 36 cm Kölnisches Stadtmuseum - Graphische Sammlung, HM 1918/17
Der Römerturm in Köln, aktuelle Ansicht 2003

Das Aquarell von Georg Osterwald entstand während seines Aufenthalts in Köln 1836. Zuvor hatte der Maler zwei Jahre in Paris mit dem Studium der für Frankreich typischen Aquarellmalerei verbracht. Der 1803 in Rinteln geborene Osterwald zeigte seit dem Gymnasium eine frühzeitige Neigung zur Kunst und begann das Studium der Architektur in der zwölften Klasse. Nach zahlreichen Aufenthalten im Ausland entschloß er sich, in Köln zu bleiben, wo ihn die herrlichen architektonischen Merkwürdigkeiten fesselten. Der "Römerturm" ist eines dieser Bauwerke und darüber hinaus das am besten erhaltene Denkmal der alten römischen Stadtmauer von Köln, die seit 50 n. Chr. - damals wurde Köln zur Colonia erhoben - errichtet worden war. Als Georg Osterwald sich des Römerturms annahm, war dieser schon seit dreißig Jahren in privatem Besitz. Der Turm an der alten Nordwestecke der Stadt hieß ehemals "Klarenturm", da er zum 1306 gegründeten "Klarenkloster" - dem Kloster der Klarissinnen - gehörte. Vom Anfang des 14. Jahrhunderts bis zur Aufhebung des Klosters in französischer Zeit wurde er als Latrine benutzt. 1873 wurde der Römerturm von der Stadt Köln angekauft und dadurch vor der geplanten Niederlegung bewahrt und wieder hergestellt. Der glatte obere Abschluß, welcher auf der Grafik zu sehen ist, entspricht wohl der römischen Bauweise, während die heutige Zinnenbekrönung (s. kleines Bild) erst nach der modernen Restaurierung aufgesetzt wurde. Bis 1897 war der Turm durch drei aufgesetzte Stockwerke in ein hohes Wohnhaus umgewandelt gewesen, bis der Dombaumeister diese wieder abnehmen ließ, um den antiken Turmstumpf mit dem historisierenden, am Geschmack der Zeit orientierten Zinnenkranz zu versehen. Heute ist er der einzige auf ansehnlicher Höhe erhaltene und allgemein sichtbare "Römerturm". Am bemerkenswertesten sind die gut erhaltenen Steinmosaiken, von denen nur Bruchstücke an anderen Teilen der Kölner Römermauer nachgewiesen werden konnten. Vier horizontale Bildstreifen gliedern den heute sichtbaren Teil des Turmes: Zuunterst ein fischgrätenartiges Muster, es folgen Halbkreise und Dreiecksmuster, die ein aus rhombischen Steinen gesetztes Band von einer dritten, ähnlichen Zone trennt. Danach wiederholt sich das Band und leitet über zu einem letzten (erhaltenen) Streifen mit Vollkreisen, Rhomben etc. und liebevoll dargestellten Tempelfronten. Farbe und Musterung entstanden durch unterschiedliche Wahl der Natursteine, was der Mauer mit ihren markanten Türmen in Ihrer Gesamtheit ein prächtiges Aussehen gegeben haben wird. Der Turm ist noch 5,75 Meter hoch, war in der Antike aber höher (12 Meter) und steckt heute noch teilweise tief in der Erde. Georg Osterwalds Darstellung des Römerturms sowie der Personen in Biedermeiertracht im Vordergrund und dem preußischen Wachsoldaten im Hintergrund ist eine der besten farbigen Wiedergaben seiner Zeit.

L. Malchers