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Ein Himmel voller Wünsche

Bild der 27. Woche - 2. bis 9. Juli 2001

Tanabata-Fest
Aufnahmen der Sternbilder Lyra und Aquila
Sternenfest (tanabata), Hängerolle, Japan Edo-Zeit, um 1741-1748, Tusche und Farben auf Seide, 71,5 x 32,5 cm Museum für Ostasiatische Kunst, A 236, links: Gesamtansicht, rechts: Detail

Am 7. Juli, also am Samstag dieser Woche, feiert man in Japan das Tanabata-Fest, eines der fünf traditionellen Feste (s. kleines Bild 1). Es geht auf den in China beheimateten romantischen Mythos vom Kuhhirten (jap. Kengyu, die Gottheit des Sternbildes Aquila bzw. des Sternes Altar) und der Weberin (jap. Orihime, die Gottheit des Sternbildes Lyra bzw. des Sternes Wega) zurück. Bei der Übernahme des Festes in Japan wurde dieser Mythos mit der japanischen Legende der himmlischen Weberin Tanabatatsume verbunden, welche wie ihre chinesische "Kollegin" die Aufgabe hatte, für die Götter Kleider herzustellen. Der Name des Festes, Tanabata, ist vom Namen dieser himmlischen Weberin abgeleitet. Die zugehörige Geschichte erzählt folgendes: Der Kuhhirte und die Weberin waren zur Erde verbannt worden. Dort verliebten sie sich in einander und heirateten. Zurückgerufen auf ihre himmlischen Plätze stehen sie nun durch die Milchstraße getrennt am Himmel (s. kleines Bild 2). Nur einmal im Jahr können sie sich umarmen, nämlich am "Siebenabend", dem Abend des 7. Tages im 7. Monat, dies auch nur dann, wenn ein Elsternschwarm für sie eine Brücke bildet. Ursprünglich war Tanabata wohl ein Jahresfest vor allem für die Kaiser- und Adelsfamilien. In der Edo-Zeit (1614-1868) wurde Tanabata auch bei der Masse der japanischen Bevölkerung populär. Seit der Edo-Zeit schmückt man in Japan zu diesem in China auch "Mädchenfest" genannten Tag Bambuszweige mit Papierornamenten. Dazwischen hängt man Papierstreifen, auf die man seine romantischen Hoffnungen und Wünsche in Gedichtform geschrieben hat. Nach der Legende sollen die Wünsche in Erfüllung gehen, die mit Tinte aus den Tautropfen von den Blättern der Taro-Pflanze, gesammelt am Morgen des Tanabata-Tages, geschrieben wurden. Die hier vorgestellte anonyme Hängerolle aus der Edo-Zeit (1741-1748) zeigt zwei Mädchen und eine junge Frau, die mit dem Schmücken eines Bambusbaumes beschäftigt sind. Der Bildeindruck wird beherrscht von dem Farbdreiklang Weiß - Blau - Rot. Dieser ist sowohl in der Farbigkeit der Gewänder als auch in den Farben des Baumschmuckes zu finden. Ergänzt werden diese Farben durch unterschiedliche Farbnuancen des Grün und Orange/Braun. Diese kompositorische Verteilung gleicher Farbwerte im Bild korrespondiert mit dem Festbrauch dahingehend, dass der Baumschmuck traditionell in fünf Farben (Weiß, Rot, Gelb, Blau, Schwarz) gehalten war. Die Bewegung der dargestellten Personen resultiert nicht nur aus dem Thema des Baumschmückens. Sie geht kompositorisch auch auf den weiteren Festinhalt ein: Die wichtigsten Bewegungsrichtungen (Arme, Blickrichtungen, Zweige des Baumes) des Bildes streben nach oben und verweisen über den relativ kleinen Baum hinaus in den Himmel, dorthin, wohin sich die Wünsche richten.

T. Nagel