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Bild der 28. Woche - 10. bis 17. Juli 2000
Er hält vorne tapfer den Hochzeitskranz, sie greift ihm hinten in den Geldbeutel. Szenen einer Ehe? Die zwei Seiten einer Medaille? Diese kleine Tonfigur des späten Mittelalters wird wohl mit dem gleichen Augenzwinkern verkauft worden sein, wie so manche Postkarte mit entsprechenden Motiven heute. Sie wurde als billige Massenware in Serie hergestellt und war so auch von dem ärmeren Teil der Bevölkerung erwerbbar. Die Abbildung zeigt zwei gleiche Exemplare. Das eine in der Hinteransicht, das andere in der Vorderansicht, wobei bei letzterem die Köpfe abgebrochen sind. Im Sommer 1978 stießen Archäologen in einer Baugrube am Breslauer Platz auf die Reste eines spätmittelalterlichen Brennofens. Da man bereits dergleichen an dieser Stelle vermutet hatte, hätte der Fund selbst wenig Aufsehen erregt, wenn man nicht in unmittelbarer Nähe eine Abfallgrube gefunden hätte. Die Grube enthielt rund 1200 zerbrochene Überreste der Werkstattproduktion des Ofens. Nun war klar, dass hier ein Bilderbäcker oder - wie man diesen Berufszweig ebenfalls nannte - ein Bilddrucker gearbeitet hatte. Diese vermutlich bereits im 14. Jahrhundert in Köln und anderswo tätige Berufsgruppe stellte aus sehr hellem Ton kleine Figuren her, die als billige Produkte beliebte Reisemitbringsel waren. Der Herstellungsprozeß war relativ einfach. Für jedes Motiv gab es zwei, ebenfalls aus Ton hergestellte Formen, sogenannte Model, je eines für die Vorder- und eines für die Rückseite. In diese wurde speziell vorbereiteter Ton gedrückt. Nach einer gewissen Zeit des Trocknens entnahm man die Figur und brannte sie bei geringer Hitze, so dass der Ton seine weiße Farbe behielt. Da in späterer Zeit aus diesem Ton auch Pfeifen hergestellt wurden, spricht man auch von Pfeifenton. Die große Zahl von unterschiedlichen Typen eines Motives zeigt, dass die Bilderbäcker - wahrscheinlich um des besseren Verkaufs willen - ihre Themen nur in Kleinserien produzierten und dann für eine weitere Serie leicht abwandelten. Die besagte Abfallgrube enthielt eine Fülle von unterschiedlichen Darstellungen. Unter den religiösen Motiven waren es vor allem das Christuskind, Mariendarstellungen und Heilige, hier besonders Katharina, Barbara und Margaretha, sowie Engeldarstellungen. Für den profanen Bereich fand man neben Paar- und Liebespaardarstellungen zahlreiche Reiterfiguren und Püppchen - vermutlich mittelalterliches Spielzeug. Eine Besonderheit der Kölner Bilderbäckerei waren Spielzeugschiffe (kleines Bild). Auf dem hohen Heck saß ein Steuermann. In die Löcher auf der etwas abgesenkten Ladefläche konnte man Mast und Segel befestigen.
T. Nagel