Wir überarbeiten zur Zeit unser Online-Angebot. Daher pausiert das "Bild der Woche" aktuell.
Vielen Dank für Ihr Verständnis

Glühwürmchen

Bild der 25. Woche - 19. bis 26. Juni 2000

Kitagawa Utamaro (1750-1806), Glühwürmchenverkäufer Japan, Edo-Zeit, Vielfarbendruck, 58 x 12 cm, Museum für Ostasiatische Kunst, Inv.-Nr. R 10,55

Dieser Holzfarbendruck aus den Beständen des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln trägt den Titel Glühwürmchenverkäufer. Was es mit diesem Bildthema auf sich hat, beschreibt die Gründerin und ehemalige Direktorin des Museums, Frieda Fischer, in ihrem Tagebucheintrag vom Juni 1910: Tokio, im Juni 1910 Blumenfeste! Ja, das sind dem Japaner Feste, wenn die Blumen in der Hochblüte stehen, Tage, die man feiert wie die bei nationalen oder religiösen Anlässen. Der weite Weg von Tokio nach Horikiri ist belebt von Fußgängern und Jinrikschas, ein buntes Gewühle fröhlicher Menschen in Feiertagskleidern. Alt und Jung, Reich und Arm, alles pilgert hinaus. Längs der Straße haben ambulante Händler ihre Waren ausgebreitet auf reinlichen Matten am Boden oder in zierlichen, überdachten Wägelchen mit bunten, sich drehenden Papierlaternen in allerhand Formen und Größen, leicht und duftig wie Spielzeug, das nur dazu bestimmt ist, diesen einen Tag Freude zu bereiten und wie eine Rakete zu verpuffen. Possierlich ist es, dem Bäcker zuzusehen, der über dem glühenden Kohlenbecken mit erstaunlicher Geschwindigkeit und mit nie verfehlender Sicherheit die Kuchen mittels Stäbchen von der Pfanne auf das Auslagebrett schleudert, wo sie appetitlich zum Naschen einladen. Mädchen belagern die Stände, wo Fächer, Quasten und allerhand glitzernder und schillernder Zierat für die Spitzen der Haarpfeile verkauft werden, auch Tabaktäschchen aus buntem Brokat und die dazugehörenden Pfeifchen, Schmuckkämme, Puder- und Weihrauchdöschen aus Lack oder Porzellan. Poetisch berührte mich der Glühwürmchenhändler. In einem runden, mit Gaze überzogenen Behälter leuchten wie helle Sternchen an einem kleinen blauen Himmel Hunderte von Glühkäfern. Um Käufer anzulocken hängt an einem Bamus ein Gazehäuschen, in dem Grillen mit lautem Gezirpe auf den Verkaufsstand der schweigsamen Glühwürmchen aufmerksam machen. Sie dienen als Ausrufer, diese braven Tierchen. An biegsamen Bambussen hängen wie an einer Angelrute zierliche, kaum zehn Zentimeter hohe, aus Rohrstäbchen und Gaze gezimmerte Laternchen. Es ist so niedlich zu sehen, wie der Verkäufer mittels eines Strohhalmes ein Tierchen aus seinem Vorrat heraussaugt und in einen winzigen Käfig bläst, den Groß und Klein als Leuchte vor sich her trägt. Hier zeigt sich so recht das liebenswürdige Temperament des Japaners, der im Leben soviel Ernst und Energie aufbringt und sich doch die kindliche Freude an solchen Dingen bewahrt hat.

B. Clever