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Bild der 40. Woche - 4. bis 11. Oktober 1999
Der Oktober ist traditionell in der katholischen Kirche der sogenannte Rosenkranzmonat, der Monat, in dem das Rosenkranzgebet eine besondere Betonung im religiösen Leben einnehmen soll (Rosenkranzfest am 7. Oktober). Der Rosenkranz ist ein betrachtendes, leider immer weniger beachtetes Gebet. Bekannter als das Gebet selbst ist die zu ihm gehörende Gebetsschnur (kleines Bild). In der heutigen Form trägt sie 5 Gruppen zu jeweils 10 Perlen sowie 9 weitere Perlen als Zwischenstücke bzw. zur Benutzung bei der Einleitung des Gebetes. Als der Rosenkranz vor über 600 Jahren vom Prior der Kölner Kartause Heinrich Egher von Kalkar (gest. 1408) oder vom Kartäuser Adolf von Essen (gest. 1439) während seines Studiums in Köln zum erstenmal gebetet wurde, war er als Gebetsform fast schon so ausgeprägt, wie wir ihn heute kennen. Die Gebetsschnur Rosenkranz entstand jedoch nicht mit dem Gebet Rosenkranz gemeinsam. Gebetsschnüre waren gegen Ende des 14. Jahrhunderts bereits lange in Gebrauch und die Rosenkranzbeter bedienten sich dieser Schnüre. Seit etwa der Mitte des 13. Jahrhunderts war die Gebetsschnur - Paternoster genannt - ein bleibender Bestandteil des brauchtümlichen religiösen Lebens. Von den verschieden langen Schnüren besaß die am weitesten verbreitete Form zwischen 25 und 50 Perlen. Sie ist vom Ende des 14. Jahrhunderts bis in das 1. Viertel des 16. Jahrhunderts praktisch in ganz Europa nachzuweisen. Eine Aufnahme der Gebetsform des Rosenkranzes (5 mal 10 Perlen) in die Form der Gebetsschnur, also die Ausprägung der Gebetschnur Rosenkranz, erfolgte erst um 1500. Die Verbreitung des Rosenkranzgebetes kurz nach seiner Einführung in das klösterliche Leben in Köln kam einem Siegeszug gleich. In Windeseile breitete es sich von den Kartäusern in alle anderen Orden aus und wurde vor allem vom einfachen Volk übernommen. Schnell fand es seinen Weg über die Grenzen des Rheinlandes hinaus. Durch die mystischen Betrachtungen im religiösen Lebens des 14. Jahrhunderts vorbereitet, bot der Rosenkranz einen festen, kurzen, auch für weniger gebildete Menschen praktikablen Rahmen des meditativen Gebetes. Diese Form des liebenden frohes Grußes an die Gottesmutter - das immer wiederholte Gebet beginnt mit den Worten Gegrüßet seist Du Maria, voll der Gnade - traf auf ein passendes, allgemeines Zeitgefühl. Parallel zu dieser verbreiteten Religiösität war Europa in diese Zeit von dem ersten alle Länder gemeinsam erfassenden Malstil geprägt, dem sogenannten Weichen Stil. Leuchtende Farben, fröhliche Farbkombinationen, weiche Formen prägten sein Erscheinungsbild. Das kleine Altärchen des Wallraf-Richartz-Museums, dem wir uns hier widmen, stammt aus dieser Zeit des Rosenkranzsiegeszuges sowie des Weichen Stiles. Der Maler, der sogenannte Meister der Heiligen Veronika, arbeitete in Köln mit malerischer Erfahrung aus Burgund etwa in der Zeit von 1395 bis 1415. Er wird diese Darstellung der Maria mit der Wickenblüte begleitet von der heiligen Katharina und der heiligen Barbara etwa um 1410/1415 gemalt haben. Die Darstellung dieser Heiligen und das braune Gewand Mariens weisen auf eine Herkunft des Altärchens aus einem Frauenkloster des Franziskanerordens. Im Zentrum des Bildes hält das Jesuskind eine Paternosterschnur mit 40 goldenen Perlen. Sie ist befestigt an dem IHS-Emblem des Marienkleides. Das Kind spielt sozusagen mit der Gebetsschnur der Mutter, so wie Kinder dies mit den Ketten ihrer Mütter tun. Aber es ist doch mehr, denn Jesus greift mit einem der Finger nach einer Perle. Während er mit der rechten Hand das Kinn der Mutter liebkost, benutzt er mit der Linken die Gebetsschnur. In diesem deutlichen Zusammenhang von Gebetsschnur und Zuwendung an Maria kann eigentlich nicht angenommen werden, daß das Jesuskind hier zu Gott Vater betet, indem es das Vaterunser spricht. Die beiden deutlich gezeigten Gesten deuten eher auf das Hauptgebet des Rosenkranzes: Gegrüßt seist Du, Maria, Du bist voll der Gnade, der Herr ist mit Dir. Der Betrachter bzw. die das Bild betrachtende Ordensfrau wurde so aufgefordert, es dem Jesuskind gleichzutun.
T. Nagel