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Bild der 9. Woche - 01. März bis 08. März 1999
Die europäische Geschichte des Porzellans begann kurz vor dem Jahre 1300 mit den Reiseberichten des Marco Polo, in denen er von den zarten Keramikgefäßen der Chinesen berichtete, die er bei seinem Aufenthalt in Asien kennengelernt hatte. Diese weiße und glänzende Tonware wurde seitdem überall bewundert und über lange Wege importiert. Gleichzeitig schlugen jedoch alle Versuche fehl, dem Geheimnis der Herstellung auf die Spur zu kommen, um das teure Porzellan auch in Europa herstellen zu können. Wegen der hohen Beliebtheit und der hohen Kosten konnten sich im 16. und 17. Jahrhundert Porzellan-Nachahmungen den Markt erobern. Hier war es vor allem die weißgrundige Fayence, die zu einer beliebten, wenn auch derben Imitation des dünnwandigen Porzellans wurde. 1709 wurde Dresden zum Geburtsort des europäischen Porzellans. Unter August dem Starken, Kurfürst von Sachsen und König von Polen (1670-1733) arbeiteten zwei Forscher an der Entschlüsselung des Porzellan-Geheimnisses. Grundlegende Erkenntnisse gelangen zunächst Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (1651-1708). Es war jedoch schließlich sein Laborkollege Johann Friedrich Böttger (1682-1719), der 1709 verkünden konnte, daß er weißes und rotes Porzellan herzustellen verstehe. Die Produktionsstätte für das neue Material wurde nach Meißen auf die Albrechtsburg verlegt. Da das Brennen von weißem Porzellan nur im Laborversuch gelang und im großen Brennofen mehr oder weniger noch Glückssache war, stellte man hier in den ersten Jahren nur rotes Porzellan, sogenanntes Böttgersteinzeug her. Erst seit etwa 1720 kam weißes Porzellan hinzu. Streng wachte man über die Rezeptur zur Porzellanherstellung. Dennoch gelangte dieses Wissen durch Verrat und Spionage über die Mauern der Burg hinaus, so daß im 18. Jahrhundert neben Meißen weitere Manufakturen mit der Herstellung des weißen Porzellans beginnen konnten. Nur das rote Porzellan, das Böttgersteinzeug, kann bis heute ausschließlich in Meißen hergestellt werden. Es ist dabei so fälschungssicher, daß in den Notjahren der Weltwirtschaftskrise 1921-1925 sogar Notgeld aus Böttgersteinzeug hergestellt wurde. Der hier abgebildete Humpen aus den ersten Jahren der Manufaktur in Meißen wurde dem Museum für Angewandte Kunst in Köln 1988 von Helmut Rehker zum hundertjährigen Bestehen geschenkt. Er fällt durch seine außergewöhnlich elegante und schlichte Formgebung auf, die ostasiatische Vorbilder nicht verleugnen kann. Gleichzeitig lehnt sich die Form an die klassisch-strengen Gefäßtypen der zeitgenössischen Pariser Goldschmiedekunst an. Die Kostbarkeit des neuen Materials wird hier durch die Edelmetallmontierung noch unterstrichen, die farblich zum Rot des Porzellans und formal zur glatten, eleganten Oberfläche des Humpens paßt.Die Serie wird fortgesetzt.
T. Nagel