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Zu zweit - einsam ...

Bild der 2. Woche - 11. bis 18. Januar 1999

Edvard Munch, Zwei Menschen (Die Einsamen) Farb-Holzschnitt in Schwarz und Graugrün, 39,4 x 54,6 cm (Motiv), Wallraf-Richartz-Museum, Köln, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1962/9
Schematische Zerlegung des Abdrucks, seitenverkehrt, so daß gewissermaßen die zerschnittene Holzplatte rekonstruiert ist.

Die Ausstellung Fin de siècle (bis 21.2.1999) in der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums bietet ein vielfältiges Panorama der Zeichenkunst und Druckgraphik aus der Zeit der letzten Jahrhundertwende. Der Zwiespalt einer Epoche zwischen Zukunftshoffnung und Endzeitbewußtsein erklärt zahlreiche gesellschafts-psychologische Probleme, welche die damals lebenden Menschen bedrängten - und die oftmals für uns heute noch kaum anders gelten! Das hier vorgestellte Blatt von Edvard Munch (1863-1944) ist ein solches Werk. Zwei Menschen stehen am Strand, vor der Weite des Meeres, die für sie aber wie eine Wand wirkt, die eine unüberwindliche Barriere bildet. Beide wenden dem Betrachter des Bildes den Rücken zu, so daß sie ohne Gesicht erscheinen. Jedenfalls aber: eine Frau und ein Mann. Ein Paar? Man hat den Eindruck daß sie zusammen gehören, obwohl sie voneinander getrennt stehen und eine tiefe Kluft sich zwischen ihnen öffnet. Munchs bildnerisches Schaffen ist weitgehend der Darstellung menschliche Probleme und psychische Phänomene gewidmet. Er setzt sich beispielsweise mit Gefühlen wie Angst, Aggression und Einsamkeit auseinander. Besonders das, was man damals den "Kampf der Geschlechter" nannte, die Spannungen zwischen Frauen und Männern, hat der Künstler immer wieder thematisiert. Er tritt für die Überwindung der Gegensätze ein. Seine klare und in höchstem Maße expressive Gestaltung wirkt für viele heutige Betrachter außerordentlich "modern". Damals gab es heftige Auseinandersetzungen um seine Ausstellungen, und gerade aus diesen Kunst-Querelen entstand die "Berliner Sezession". Der Maler und Graphiker Munch hat auch auf dem Gebiet der künstlerischen Technik neue Wege gesucht. So auch im Falle dieses Werkes, an dem er 1899 und erneut 1917 gearbeitet hat. Der farbige Druck vom Holzstock ist so entstanden, daß die fertige Platte zersägt wurde. Dadurch gab es dann zwei Plattenteile, die - ähnlich wie die Stücke eines Puzzles - ineinandergriffen. Sie wurden unterschiedlich eingefärbt, grün und schwarz, und dann gemeinsam aufs Papier gepreßt. Das Ergebnis ist ein beeindruckendes großflächiges Werk der Druckgraphik. (Nach der Ausstellung wieder in der Graphik-Vorlage zu sehen: donnerstags 11-16 Uhr)!

U. Westfehling