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Mariä Himmelfahrt

Bild der 33. Woche - 12. August bis 18. August 2024

Süddeutschland, um 1500, Himmelfahrt Mariae, Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Gemäldesammlung, Inv.-Nr. WRM 0764, Überweisung Schnütgen-Museum 1930,
Goldgrund, Eichenholz, punziert, 90 x 64 cm

Der Maler dieser Tafel, die die Himmelfahrt Mariens am 15. August darstellt, verfügte offenbar nicht über die sicherste Hand.

Die Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Figuren ist nicht besonders überzeugend. So wirkt beispielsweise der Apostel mit dem schleierartig getragenen weißen Gewand eher weiblich, während die Christusfigur am oberen Bildrand in der rechten Aureole und Maria in der linken Aureole weniger weiblich erscheinen. Auch sein Repertoire an Kopfhaltungen ist begrenzt: Profil- und Dreiviertelansichten dominieren, und manche Köpfe sind in einer ungeschickten Reihe angeordnet, während ein abgewandter Kopf misslungen wirkt. Ein großer Meister war dieser unbekannte süddeutsche Maler, der die Tafel um 1500 schuf, sicherlich nicht. Es scheint sogar, dass seine Arbeit für einen späteren Besitzer des Gemäldes zu fortschrittlich war, denn die ursprünglich in Farbperspektive dargestellte Landschaft (von Braun über Grün bis hin zu Blau und Hellblau) wurde später mit einer Vergoldung überzogen. Diese "moderne" Landschaft, die gegen Ende des 15. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum populär war, wurde also durch einen mittelalterlichen Goldgrund ersetzt.

Auf der Tafel sind die 12 Apostel – Judas wurde durch Matthias ersetzt – um das Grab Mariens versammelt, als ob sie gerade ihre Beerdigung vollzogen hätten und nun ihre Himmelfahrt erleben. Im Himmel ist die von Engeln erhobene, kleiner dargestellte Maria zu sehen, die von Christus herzlich empfangen wird. Zwei Engel halten rechts und links lange Spruchbänder mit Zitaten aus dem Hohenlied: "Wer ist sie, die da heraufkommt aus der Wüste, an ihren Geliebten gelehnt?" (Hoheslied 8,5) und "Wer ist sie, die da hervorglänzt wie die Morgenröte...?" (Hoheslied 6,10). Auch wenn der Maler handwerklich kein großes Genie war, so lässt die theologische Aussage der Darstellung nichts zu wünschen übrig. Die Szene entspricht der ikonographischen Tradition und wird durch die beiden theologisch bedeutsamen Spruchbänder der Engel ergänzt. Das alttestamentliche Hohelied, eine Sammlung von Liebesliedern, wurde sowohl auf das Verhältnis von Christus zur Kirche als auch auf das von Christus zu Maria bezogen.

Die unter Theologen oft diskutierte Frage, ob Maria vor ihrer Himmelfahrt überhaupt gestorben sei, beantwortet der Maler – wie die Mehrheit seiner Zeitgenossen – offenbar mit einem klaren 'Ja'. Das Grab war bereits geschlossen und öffnete sich zur Himmelfahrt. Die heute gängige Bezeichnung "Himmelfahrt Mariens" ist theologisch und ikonographisch gesehen eigentlich ungenau, da es sich, wie auf dieser Tafel zu sehen, um eine Aufnahme in den Himmel handelt: Maria wird von Engeln emporgehoben und fährt nicht aus eigener Kraft in den Himmel auf. Die Tafel stammt wahrscheinlich aus dem Besitz des Kölner Geistlichen Alexander Schnütgen, dem Gründer des Museum Schnütgen, der sie durch seine intensive Sammlertätigkeit erworben hat. Im Jahr 1930 wurde sie vom Museum Schnütgen an das Wallraf-Richartz-Museum abgegeben.

T. NagelA. Borggrefe