Bild der 25. Woche - 20. Juni bis 26. Juni 2022
Einen Steinwurf von der römischen Stadtmauer am Blaubach entfernt wurde ein antikes Brandgrab von Mitarbeiter*innen des Römisch-Germanischen Museums entdeckt. Die archäologischen Ausgrabungen fanden anlässlich der Errichtung eines neuen Stadtquartiers am Waidmarkt 2010/2011 statt. Das Brandgrab ist Zeugnis einer Umbruchzeit im ausgehenden 3. Jahrhundert n. Chr. Aufgrund von Germaneneinfällen gaben damals die Bürger*innen des römischen Köln ihre Vorstädte auf und bestatteten inmitten der Ruinen ihre Verstorbenen wieder näher an der Stadtumwehrung.
Das Brandgrab bestand aus einer Aschenkiste aus Tuff, die mit einer älteren recycelten Inschriftenplatte aus Kalkstein abgedeckt wurde. Die in den Boden eingetiefte Steinkiste enthielt fast zwei Kilo Leichenbrand sowie drei Bronzemünzen, ein Messer mit Eisenklinge und drei weißtonige Kännchen. Außerdem fanden sich drei Eisennägel, die vermutlich zur Konstruktion des Scheiterhaufens gehörten. Nach der Einäscherung des Leichnams wurden die sterblichen Überreste mit den Beigaben im Grabbehälter beigesetzt. Aufgrund des Fundkontextes und der Einzelfunde lässt sich das Brandgrab in das späte 3. Jahrhundert datieren.
Die lateinische Inschrift der wieder verwendeten Kalksteinplatte ist sorgfältig gemeißelt und in sieben Zeilen gegliedert. In der Übersetzung lautet diese: Dem Mercurius Valdivahanus hat Milia Rhenas gemäß dem Testament des Lucius Carinius Sollemnis, Stadtrat der claudischen Kolonie am Altar der Agrippinensier, aus dem Erbe 4000 Sesterzen für dieses Monument gestiftet.
Der Adressat der Weihung wird zuerst genannt: Merkur, der römische Gott des Handels und der Bote der Götter. Hier trägt er den germanischen Beinamen Valdivahanus, der beim lauten Lesen des lateinischen Textes sicherlich fremdartig klang. Der Testamentgeber und damit der Stifter des Weihemonumentes, zu dem diese Inschriftenplatte vor ihrer Zweitverwendung gehörte, war Ratsherr der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA). Lucius Carinius Sollemnis zählt zu den frühesten bisher bekannten Vertretern des römischen Stadtrates von Köln.
A. Schäfer