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Wie "Entartete Kunst" zurück in die Kölner Museen kam

Bild der 15. Woche - 11. April bis 17. April 2022

Karl Schmidt-Rottluff, Kastell im Tessin, um 1928/1929, Museum Ludwig, Köln, Inv.-Nr. ML/Z 1950/183, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

 

Die Provenienzforschung widmet sich der Erforschung der Herkunftsgeschichte von Kunstwerken und Kulturgütern und ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit an den Kölner Museen. Zunächst diente sie der Klärung von Zuschreibungen und Authentizität von Kunstwerken. Im Mittelpunkt der Provenienzforschung steht heute jedoch die Identifizierung sogenannter Raubkunst als Grundlage sowohl für die Rückgabe von NS-Raubkunst als auch von Objekten aus dem kolonialen Unrechtskontext.

"Entartete Kunst" zurück in die Kölner Museen

Im Jahr 1946 stiftete der Kölner Mäzen und Rechtsanwalt Josef Haubrich der Stadt eine bedeutende Sammlung moderner Kunst. Darunter befanden sich zwanzig Papierarbeiten des deutschen Expressionismus, die der Sammler allesamt wenige Jahre zuvor (1942) vom Kunsthändler Hildebrand Gurlitt in Hamburg erworben hatte. Mit dieser Stiftung gelangte auch das Aquarell »Kastell im Tessin« des Brücke-Künstlers Karl Schmidt-Rottluff ins Wallraf-Richartz-Museum und wurde 1976 mit seiner Gründung ans Museum Ludwig überwiesen.

Dieses und andere Werke hatte der Kunsthändler Gurlitt aus der Aktion »Entartete Kunst« erworben. Bei der Beschlagnahmeaktion im Jahr 1937 haben die Nationalsozialisten Gemälde, Skulpturen und Arbeiten der Moderne aus den deutschen Museen sichergestellt und in der Folge unter anderem gegen Devisen »verwertet«. Hildebrand Gurlitt hatte dieses Blatt am 13. Dezember 1940 gegen Schweizer Franken beim zuständigen Reichsministerium erworben. Es gab noch weitere Bedingungen an die diese Ankäufe aus Museumsbesitz für die Kunsthändler geknüpft waren. Zum einen durfte Gurlitt eigentlich nicht an inländische Käufer weiterveräußern – wie er es in diesem Fall getan hat – und er war zudem aufgefordert, die Inventarnummer und den Sammlungsstempel auf den Rückseiten der Kunstwerke zu entfernen, damit die eigentliche Herkunft im wahrsten Sinne des Wortes ausradiert wurde.

Josef Haubrich hingegen interessierte sich durchaus für die Herkunft der Werke und konnte jedoch in diesem Fall in seinem Karteikartensystem nur konstatieren, dass das Aquarell »bis 1937 im deutschen Museum« gewesen sei. Eine intensive Beforschung der Bestände der Grafischen Sammlung im Museum Ludwig haben ergeben, dass die Reste eines roten Stempels auf der Rückseite des Blattes auf die Städtischen Kunstsammlungen im ehemaligen Königsberg hindeuten.

In den Kunstsammlungen im Königsberger Schloss hatte der in Hamburg geborene Kunsthistoriker Alfred Rohde sein Amt als Direktor im Jahr 1927 angetreten und im Zuge dessen eine umfassende Sammlung moderner Kunst aufgebaut, die durch die Beschlagnahmung der Nationalsozialisten zunichte gemacht wurde. Vom Künstler Karl Schmidt-Rottluff sind insgesamt über 600 Werke im Rahmen der Aktion aus den deutschen Museen entfernt worden. Sie waren nicht nur Bestandteil der Femeschau »Entartete Kunst« in München im Jahr 1937, sondern wurden – wie unser Blatt – auch weiterverkauft.

Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum hatte im Juli 1937 ebenfalls Besuch von der Beschlagnahmekommission erhalten, die insgesamt 45 Gemälde und 143 Aquarelle konfiszierte. Darunter auch Werke von Karl Schmidt-Rottluff. Mit der großzügigen Stiftung des Kölner Sammlers Josef Haubrich direkt nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele bedeutende moderne Kunstwerke wieder ans Museum gelangt. So auch diese schöne Tuschzeichnung von intensiver Leuchtkraft und Farbigkeit des in der Zeit zwischen 1933 und 1945 so verfemten deutschen Expressionismus.

Britta Olényi von Husen