Frühstück zu Ostern

Bild der 16. Woche - 18. April bis 24. April 2022

Luis Meléndez, Stilleben mit Eiern, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Inv.-Nr. WRM 2831

An ein festliches Ostermahl denkt man bei den wenigen rustikalen Lebensmitteln auf dem Stilleben kaum. Die Eier mögen von fern an den alten Brauch der Ostereier erinnern, aber es ist wenig wahrscheinlich, dass der Maler die Absicht gehabt hat, österliche Speisen wiederzugeben. Bei dem Bild dürfte sich eher um den Typus des »Frühstücks-Stilllebens« handeln, die sich durch sparsamste Zutaten auszeichnen und in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts weit verbreitet waren.

Ein anderer verwandter Bildtyp sind die sogenannte »Fastenstillleben«, aber zu diesem Genre gehört das vorliegende Bild sicher nicht, denn im 18. Jahrhundert durften weder Fleisch noch Eier, Butter oder Käse in der Fastenzeit verzehrt werden. Mit der inhaltlichen Beschränkung verfolgte der Maler vorrangig künstlerische Ziele. Das kleine, nur 23 x 35,2 cm große, auf Holz gemalte Bild zeigt die ausgewählten Viktualien in einer Nahansicht, die man heute als close up bezeichnen würde und besonders in der modernen Food-Fotografie beliebt ist. Alles ist auf einem Zinnteller arrangiert, dessen hell beleuchteter Rand über die unten schwach erkennbare Tischkante herausragt. Im Zusammenspiel mit dem gleichsam frei schwebenden Messergriff und der Lichtspiegelung auf dem Glaskelch entsteht so der Eindruck eines Bildraumes, der aber, da ihm keine weitere Tiefe beschieden ist, nicht über die Ebene der perspektivischen Spielerei hinaus kommt. Eine dunkle, raumlose Folie schließt das Bild nach hinten ab und läßt die Konturen von Käse und Brot und ihre appetitanregenden, warmen Farben in fast hyperrealistischer Manier hervortreten.

Sicher hat der Maler bewußt mit den Gegensätzen zwischen den Materialien gespielt, hat das matt glänzende Metall und Glas gegen die poröse, aufgebrochene Kruste des Brotes und den leicht bröckelnden Käse gesetzt, die goldgelbe Farbe dieser beiden mit der weißgrauen Rundungen der Eierschalen kontrastiert und mit Eiern und angeschnittenem Käse zugleich auch den Gegensatz zwischen Außen und Innen thematisiert. Dies alles sind Elemente der Stilllebenmalerei, mit denen die Künstler gerne ihre illusionistischen Fertigkeiten demonstrierten und einem noch so bescheidenen Sujet den Eindruck malerischer Vielfältigkeit verliehen. Durch den Stil ist das kleine Bild fest in der Tradition der spanischen Stilllebenmalerei verwurzelt.

1937 wurde es von Charles Sterling, dem 1716 in Neapel geborenen, in Madrid aufgewachsenen Maler zugeschrieben, dessen voller Name klangvoll Luis Eugenio Meléndez de Rivera Durazo lautet. Dieser erlernte sein Metier bei seinem Vater und vertiefte seine Kenntnisse von 1748 bis 1753 durch einen Studienaufenthalt in Italien, wo er auch italienische Stillleben kennenlernen konnte. Nach seiner Rückkehr nach Madrid konnte er sich vor allem durch einen Auftrag des spanischen Hofes, die Anfertigung einer Serie von 44 kleinformatigen Stillleben für das Schloss von Aranjuez, einen gewissen Namen erwerben, der ihm in der Folgezeit weitere Auftrage für größere Stillleben einbrachte. 1780 starb Meléndez 1780 völlig verarmt in seiner Heimatstadt. Die Anordnung der Gegenstände ist mit den gesicherten Werken von Meléndez verwandt, in der technischen Ausführung gibt es jedoch Abweichungen, die Eleanor Tufts 1985 veranlassten, die Zuschreibung mit einem Fragezeichen zu versehen. Unabhängig von Eigenhändigkeit oder nicht, gehört dieses kleine Bild in das Umfeld jener Stillleben des 18. Jahrhunderts, die die inhaltliche Reduktion mit der Steigerung der malerischen Effekte verbinden und damit die auf die Stilllebenmalerei der Neuzeit verweisen. Gelegentlich wird in den Lebensbeschreibungen von Stilllebenmalern berichtet, dass sie die Viktualien, die sie als Bildvorlagen benutzten, nach abgeschlossener Arbeit auch verzehrt haben. Gefäße und Geräte, meist aus eigenem Besitz, konnten in immer neuer Zusammenstellung aufgebaut werden, Lebensmittel mussten jedoch ständig frisch beschafft werden.

Die hier abgebildeten Zutaten waren für einen schlichten Imbiss gut, aber auch anderes ließe sich daraus zubereiten. In den letzten Jahrzehnten hat es vermehrt Unternehmungen gegeben, die alten Stillleben als Inspirationsquelle für die moderne Küche zu nutzen, zum Beispiel in der Ausstellung »L'Art Gourmand«, die 1995 vom Wallraf-Richartz-Museum veranstaltet worden ist und im Katalog zahlreiche Rezepte namhafter europäischer Köche enthält. Dies wird hier nun fortgesetzt mit einem Rezept für »Käsetoast«: Käsetoast (2 Portionen), 1 ganzes Ei 2 Eigelb (roh), 1 Eßlöffel Créme fraiche, 100 gr. Manchego (span. Schafskäse), 1 – 2 fingerdicke Scheiben Landweißbrot (entrindet), Salz, Pfeffer, Schnittlauch Backofen auf 220° (Heißluft 200°) vorheizen. Das ganze Ei mit der Créme fraiche glattrühren. Den Manchego grob raffeln und unter die Masse heben, mit Salz und Pfeffer nachwürzen. Das Brot auf eine feuerfeste, leicht gefettete (oder mit Backpapier ausgelegte) Platte legen. Die Ei-Käse-Masse darauf häufen und mit einem Löffelrücken zwei Vertiefungen eindrücken, in die man die beiden Eigelbe gleiten läßt. Die Platte in den vorgeheizten Ofen schieben und 12 – 14 Minuten backen, bis der Käse geschmolzen und das Eigelb leicht angezogen ist. Vor dem Servieren mit Schnittlauch bestreuen.

R. Neu-Kock