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Bild der 27. Woche - 6. Juli bis 12. Juli 2015
Norbert Goeneutte: Porträt einer Frau (Berthe Morisot), um 1875. Öl auf Leinwand, 55 x 46 cm, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Inv.-Nr. FC 0746 (Foto: RBA)
Wie viele Pariser, die es sich leisten konnten, verbrachte auch Berthe Morisot den Sommer 1881 mit ihrer Familie außerhalb auf dem Land und zwar in Bougival an der Seine in der Nähe von Versailles. Bei den während des Sommers entstandenen Bildern im Garten bat sie oft Familienmitglieder, Modell zu stehen. Während bei dem Bild „Eugène Manet und die Tochter Julie in Bougival“ (Ehemann Eugene Manet und Tochter Julie) die porträtierten Personen im Mittelpunkt stehen, geht es Berthe Morisot bei unserem Bild „Kind zwischen Stockrosen (Bougival)“, viel mehr darum, das Spiel des Lichts auf der Figur des Kindes und den Blumen einzufangen. Nicht die Details der Dargestellten, sondern den Eindruck des flirrenden Lichts will die Künstlerin mit einer zarten Palette und einem lockeren, frischen Pinselduktus festhalten. Erst auf den zweiten Blick erkennt man dann doch Details wie das Spielzeug-Fuhrwerk zu Füßen des Kindes.
Auf ersten dünnen, lavierenden Farbschichten arbeitete Berthe Morisot das Bild mit kurzen Pinselstrichen und runden Farbflecken in lockerer und offener Malweise aus, vielfach nass in nass mit zahlreichen Auslassungen auf unterliegende Farbschichten und den Bildträger. Dabei werden Flächen, wie das Kleid der Tochter mit den für Morisot typischen Zickzacklinien ausgefüllt. Rote Blüten als Farbakzente zum Schluss in kleinen Tupfern aufgesetzt, beleben das Bild noch zusätzlich (s. Detail rechts).
Das Bild sah zur Entstehungszeit sicherlich deutlich anders aus als heute. Der Malgrund ist die nicht grundierte Rückseite einer sehr feinen Leinwand. Durch die lockere, offene Malweise ist die Leinwand an vielen Stellen nicht von Farbe bedeckt und so in die Komposition mit einbezogen. Durch Oxydation, noch verstärkt durch die später aufgebrachte Firnis, hat sich die Farbe des Untergrunds in den freiliegenden Bereichen von dem hellen Ton eines neuen Gewebes zu dunklem braun verändert (s. Detail 2, rechts). War z. B. im Bereich des Kindes der vormals helle Hintergrund durch die mit weiß gemischten Farben noch einmal gehöht, so kontrastiert heute der dunkle Untergrund doch sehr stark. Damit wird der ursprüngliche Eindruck des hellen Lichts in weiten Bereichen von den dunklen Flecken stark dämpft.
Berthe Morisot (1841-1895) entstammte einer wohlhabenden Familie, die freundschaftliche Kontakte zu vielen Künstlern pflegte. Sie erhielt früh Unterricht in Malen und Zeichnen. Nach Unterricht bei Camille Corot wandte sie sich der impressionistischen Malerei zu und entwickelte einen eigenen Stil. Die Annahme ihrer Bilder für den offiziellen Salon ab dem Jahr 1864 war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur professionellen Malerin. Mit dem Maler Édouard Manet verband sie seit 1868 eine enge Freundschaft – sie wurde von ihm zwischen 1868 und 1874 wiederholt porträtiert. 1874 heiratet Sie Eugène Manet (1833–1892), den Bruder von Édouard Manet, 1878 wurde die Tochter Julie geboren.
Das Bild (s. rechts) von Norbert Goeneutte (1854-1894), das wie das Stockrosenbild zur Sammlung Corboud gehört, zeigt ein Porträt von Berthe Morisot um 1875. Zu dem Zeitpunkt 34 Jahre alt, gehörte sie zu dem Kreis der französischen Impressionisten. Ab 1874 nahm Berthe Morisot als einzige Frau regelmäßig an den Gruppenausstellungen der Impressionisten in Paris teil. Im Alter von nur 54 Jahren starb Bethe Morisot 1895.
H. Bachem