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Kaiser-Besuch und Kaiser-Pokal

Bild der 11. Woche - 16. März bis 22. März 2015

Gabriel Hermeling: Kaiser-Pokal, 1890. Silber vergoldet, Email, Jaspis, Lapislazuli, H 49 cm, Inv. KSM 1969/415/22 (Foto: RBA)

Gillis Sibricht: Prunkpokal der Stadt Wesel, vor 1578

Im Mittelalter und bis zur französischen Besetzung Kölns war es bei den städtischen Repräsentanten Kölns üblich, Reichtum und Macht der Stadt mit einem Silberschatz Ausdruck zu verleihen, dem städtischen Ratssilber. Mit dem Ende des reichsstädtischen Köln und dem parallel verlaufenden Untergang „alter Kölnischer Herrlichkeit“ gingen Brauch und Silberschatz unter. Köln war verarmt, das Stadtbewußtsein geschwunden. Die französische „Besatzungsmacht“ begann Ende des 18. Jahrhunderts, städtischen Besitz aufzulösen.

Unter der folgenden preußischen Herrschaft entwickelte sich in Köln ein neuer Aufschwung: Verwaltungskunst der neuen Beamtenschicht und von außen nach Köln getragener industrieller Aufschwung bildeten die Grundlage für neuen wirtschaftlichen Erfolg. Unter der neu erstarkenden Stadtidentität mit dem Bild der Domvollendung vor Augen bildete sich im Laufe des 19. Jahrhunderts eine neue Bürgerschicht, die Herrschaft aus ihrem Bürgervermögen setzte.

Bei königlichem Besuch zu festlichen Anlässen war immer wieder ein prunkvoller Pokal notwendig, um ein passendes Gefäß für Trinksprüche und Willkommensgrüße zur Verfügung zu haben. Als 1877 der Besuch von Kaiser Wilhelm I. anstand, suchte die Stadt nach einem entsprechenden Gefäß. Der schon 1745 benutzte Deckelpokal kam nicht mehr in Frage, da 1848 Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. den Pokal durch einen Trinkspruch und durch "Leeren mit Nagelprobe" mit unliebsamen Erinnerungen verbunden hatte. So fragte man erfolgreich beim Stadtrat von Wesel nach, in dessen Besitz zwei entsprechende, in Köln gefertigte Pokale waren. Der 1888 ins Amt gewählte Oberbürgermeister Wilhelm Becker war wohl der Initiator zur Beschaffung eines neuen Ratssilbers, um diese nun als empfindlich empfundene Lücke im Stadtinventar zu schließen. Dessen ersten Stück sollte dieser 1889 beauftragte Kaiserpokal sein.

Formal lehnte sich der Goldschmied Gabriel Hermeling an die bereits erwähnten Weseler Pokale an (s. Bild rechts): Auf rundem Fuß ein reich ausgebildeter Schaft. Den Nodus bildet eine Vase. Darüber das eigentliche, dreiteilige Gefäß mit umlaufenden Emailstreifen, Löwenköpfen aus Jaspis und Erinnerungsmedaillen an die Besuche des Kaisers sowie Flachreliefs auf der Wandung und darüber den mit Buckeln und Gravierungen verzierten Lippenrand. Das in dieser Aufnahme sichtbare Relief zeigt den sagenhaften Kampf des Bürgermeisters Gryn mit dem Löwen (s. BdW 45/2000).

T. Nagel