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Bild der 40. Woche - 1. bis 7. Oktober 2012
Für die Sonderbundausstellung 1912 in der Ausstellungshalle am Aachener Tor (siehe BdW: 34/2012) schuf der Bildhauer Hans Wildermann eigens diese aufeinander bezogene Skulpturengruppen zur Schmückung des Vorplatzes: Mädchen mit Reh und Jüngling mit Pferd. Hans Wildermann, 1884 in Köln geboren, war Bühnenbildner, Maler, Bildhauer und Graphiker. Mit sechzehn Jahren war er bereits Schüler der Düsseldorfer Kunstakademie, danach studierte er in Berlin und München. Ab 1907 arbeitete er in Köln, vornehmlich für die Bühne. In diese Zeit fällt aber auch eine sehr produktive Phase mit Skulpturen für den öffentlichen Raum, von denen eine ganze Reihe die beiden Kriege überstanden hat und heute noch in Köln zu sehen ist. Später war Wildermann auf diesem Gebiet kaum mehr tätig. An den weiteren Stationen seines Lebens ab 1913, München, Berlin, Dortmund und Breslau, arbeitete er hauptsächlich für das Theater. In Breslau war er von 1926 bis 1936 Professor für Theatermalerei an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er in seine Geburtsstadt Köln zurück. Wenige Jahre später, am 1. November 1954, starb er dort im Alter von 70 Jahren. Die beiden 110 bzw. 120 cm hohen Figurengruppen standen auf Sockeln von ca. 150 cm Höhe rechts und links des Haupteingangs und waren einander zugewandt. Das Mädchen trägt ein einfaches glattes Kleid. Es führt das Reh mit der rechten Hand und schreitet mit offenem Blick und wehenden Haaren dynamisch voran. In der Anlage erinnert das Bild an Darstellungen von Artemis, der Göttin der Jagd. Der Junge hat ein Löwenfell über die Schulter geworfen und führt das Pferd mit der linken Hand am Zügel und hält in der rechten eine Art Schalmei. Trotz der Bewegung von Junge und Pferd, wirkt die Gruppe durch den gesenkten in sich gekehrten Blick eher verhalten und ruhig. Sowohl an dem Mädchen als auch bei dem Jungen erkennt man deutlich den Einfluss der antiken Kunst mit ihren mythologischen Darstellungen, die Wildermann sicher in seinem Studium kennengelernt hat. So erinnert die Darstellung des Mädchens an die Skulptur der Diana von Versailles (s. Bild rechts). Nach der Ausstellung von 1912 wurden die beiden Figuren Wildermanns in den Grünanlagen des Deutschen Rings (jetzt Theodor-Heuss-Ring) am Eingang zu einem Spielplatz mit den Sockeln in gleicher Weise aufgestellt (s. Bild 2 rechts). Auf diesem Bild vom Beginn der 1920er Jahre fehlen die auf dem älteren Bild des Jungen (s. Bild 3 rechts) erkennbaren Gitter und auch der Junge verlor vermutlich während des ersten Weltkrieges die Zügel und die Flöte. Wie unser großes Foto zeigt, sind die Figuren heute getrennt und ohne bzw. mit einem sehr niedrigen Sockel aufgestellt, was die Wirkung sehr verändert. Das Mädchen mit Reh hat auf einer Wiese in der Flora gegenüber den Gewächshäusern einen Platz gefunden. Der Junge steht im Stadionschwimmbad.
H. Bachem