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E Baj - in der Kunst- und Museumsbibliothek

Bild der 36. Woche - 5. bis 11. September 2011

Enrico Baj / Eduardo Sanguineti, The biggist art-book in the world, 1968, 340 x 245 x 72 mm, Nr. 180/400, Auflage, Verlag Gabriele Mazzotta, Mailand, Kunst und Museumsbibliothek, Köln, KMB: !!K Baj,En 1 1968
Enrico Baj / Eduardo Sanguineti, The biggist art-book in the world, 1968, 340 x 245 x 72 mm, Nr. 180/400, Auflage, Verlag Gabriele Mazzotta, Mailand, Kunst und Museumsbibliothek, Köln, KMB: !!K Baj,En 1 1968
Enrico Baj / Eduardo Sanguineti, The biggist art-book in the world, 1968, 340 x 245 x 72 mm, Nr. 180/400, Auflage, Verlag Gabriele Mazzotta, Mailand, Kunst und Museumsbibliothek, Köln, KMB: !!K Baj,En 1 1968

Das hier vorgestellte Objekt von Enrico Baj (1924-2003), einer der wichtigsten Vertreter der italienischen Avantgarde der 1950er Jahre, ist ein besonders außergewöhnliches Exemplar, da es nicht nur durch künstlerische Qualität überzeugt, sondern auch die Interaktion des Lesers herausfordert. Seit ca. 1955 setzte Baj verschiedenartige Materialien ein, um seinen Arbeiten eine objekthafte Präsenz zu verleihen mit dem Ziel einer grotesken und satirischen Aussage. Ab 1952-53 schuf Baj über 50 Künstlerbücher im Laufe seines Lebens. Das Künstlerbuch „The biggest art book of the world“ zählt zu den multiple originali . Der farbige Schutzumschlag fehlt, eine Abbildung im Mailänder Katalog (1990) „i libri di baj“ tradiert ihn. Das Objekt täuscht ein traditionelles Buch mit vermeintlichen Schnittflächen vor, die einen Hohlraum im Innern verbergen. Seite eins zeigt eine kreisrunde, farbige Flagge Italiens, deren Mitte zwei goldene, gekreuzte Beile hinter einem flammenden, goldenen Behältnis zieren sowie darunter die handschriftliche Signatur baj und die Nummerierung 180/400. Auf Seite drei findet sich die Titelei in grasgrün gedruckt: EDUARDO SANGUINETI BAJ THE BIGGIST ART-BOOK IN THE WORLD WITH 137 952 460 800 COLOUR PLATES AND 479 001 600 PAGES FOR MUSICAL ACCOMPANIMENT darunter erneut die italienische Flagge mit dem Zusatz „ PRODOTTO ITALIANO“ und Name und Ort des Verlegers. Auf Seite fünf folgt ein dadaistisches Gedicht des Literaten Sanguineti, abermals in grasgrüner Schrift, mit der Zeitangabe „agosto 1968“ versehen. Es Folgen neun Seiten mit Lichtfarblithografien in den Maßen 22 x 16,5 cm: drei Damen, zwei Generäle, das Notenblatt der italienischen Nationalhymne von Novara und dem Liedtext von Mameli sowie drei potentielle Collagen aus den in einem Hohlraum beigefügten Kuben. Die Generäle und die dazugehörigen Damen sind Dreiviertelfiguren, angefertigt in der Technik der Assemblage. Als Hintergrund aller Bilder fungiert eine Stofftapete, Metapher für den Kosmos. Auf Seite neun verso steht oben halbkreisförmig in grasgrün gedruckt„ Do it baj yourself“ und unten „today is real cubism“ (s. Bild oben), dazwischen befindet sich ein Prägestempel des Verlages. Zur Rechten von Seite vierzehn schließt sich der Hohlraum (B.: 16,5 cm x H.: 22 cm)an, in den zwölf bunt beklebte, sechseitige, hohle Holzkuben mit den Maßen von ca. 5,3 x 5,5 cm eingelegt sind. Mittels eines Bandes (Herausnehmhilfe) in den Farben der italienischen Trikolore können die an Spielklötzchen kleiner Kinder erinnernden Kuben herausgenommen werden. Sie ergeben eine Vielzahl von Collagemöglichkeiten (s. kleine Abbildungen rechts), in der Titelei mit der Summe von 37 952 460 800 Variationen benannt. Die „Spielanweisung“ „ do it baj yourself“ nimmt den Mythos des fai da te, der handwerklichen Selbstverwirklichung auf die Schippe und ironisiert das vermeintliche Unterfangen des Spielers künstlerisch kreativ zu werden, da die Vorgaben, die Bilddrucke auf den Klötzchen, die, wenn auch hohe, Anzahl der Ergebnisse vorwegnehmen. Die Aussage „ today’s real cubism“ spielt nicht nur auf die Form der Klötzchen an, sondern polemisiert den damaligen Rückgriff einiger Künstler der 1960er Jahre auf kubistische Stilelement. Auf dem eingeklebten Kolophon ist abermals der Name und Ort des Verlegers sowie die Auflagenhöhe, Nummerierung und Exemplarnummer zu lesen. Auf der Innenseite des rückwärtigen Buchdeckels findet sich das vom Verlag eingeklebte Preisschildchen, beziffert mit 25 000 Lire.

M. Opitz