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Bild der 34. Woche - 22. bis 28. August 2011
Im Johannes-Evangelium (2,1-12) wird beschrieben, wie Jesus, seine Mutter und die Jünger zu Gast bei einer Hochzeitsfeier sind. Im Verlauf des Festes macht Maria ihren Sohn darauf aufmerksam, dass der Wein ausgegangen ist. Jesus weist seine Mutter zwar zunächst zurück, läßt dann aber die zur rituellen Reinigung bereit stehenden Krüge mit Wasser füllen und dem Speisemeister davon zu kosten geben. Daraufhin bemerkt der verblüffte Mann dem Bräutigam (und Gastgeber) gegenüber, dass offenbar – entgegen dem Brauch – der bessere Wein zum Schluß kredenzt werde: Eine komplexe theologische Allegorie, die wohl u.a. auf messianische Erwartungen anspielt. Dieses prachtvolle und detailreiche Gemälde schildert die Begebenheit als barockes Fest. Während man sich im Vordergrund rechts noch darüber mokiert, dass jetzt zum Wasser übergegangen werde, macht Jesus bereits ein Segenszeichen über den Krügen. Links weist der noch nicht informierte Speisemeister (mit Turban) die Bediensteten an, die peinliche Situation durch Auftischen weiterer, reich dekorierter Nahrung zu überspielen. Hinter dem mit Kronen geschmückten Schwan wird eine Kredenz sichtbar, darüber ragt ein mit Schnitzwerk reich verzierter Balkon hervor. Ein darauf platziertes Orchester spielt für die Gäste auf. Der den Betrachter anblickende Musiker stellt wohl ein Selbstporträt des Malers dar (s. Bild rechts). In der Raumtiefe leitet das lebende Orchester zu einer posaunenblasenden Skulptur über, welche die Tür (zugleich Windfang) des Saales bekrönt. Als Fama verkörpert sie den bedrohten, hier aber wunderbar geretteten Ruf des Brautpaares wie auch den Ruhm Christi. Die Nähe zur darunter angebrachten Signatur (Monogramm IH oder JH) zeigt zugleich an, dass wohl der noch junge Maler Johann Hulsman (Köln ca. 1605? – ebd. bald nach 1646?) mit diesem ehrgeizigen Bild sein eigenes Renommee zu steigern und zu verbreiten bemüht ist. Der Tür-Ausblick auf antike (Tempel-)Architektur situiert denn auch nicht nur die ansonsten barock anmutende (und kostümierte) Szene in antiker, d.h. biblischer Zeit, sondern spielt zugleich auf berühmte italienische Darstellungen derselben Thematik an. So denkt man etwa an das monumentale Gemälde „Die Hochzeit zu Kana“ des Venezianers Paolo Veronese (jetzt Paris, Louvre), mit antikischem Architekturprospekt im Hintergrund und musizierendem Künstlerquartett (Tizian, Tintoretto, Veronese, Bassano) im Vordergrund. Perspektiv- und Farbkomposition des Gemäldes sind sehr ausgeklügelt, Gestik und Mimik der dargestellten Personen lebendig und sprechend. Man erhält einen umfassenden sinnlichen Eindruck von barocker Festkultur – vom venezianischen Glas über die nach Stichvorlagen gestalteten Krüge, die Pasteten und den Tafelschmuck bis hin zu dem an Seilzügen aufgespannten Baldachin. Inhaltlich auf diesen Baldachin bezogen ist die ungewöhnliche Deckengestaltung: Orthodoxer Auffassung zufolge muß der jüdische Traubaldachin („Chuppah“, hier in Rot statt Weiß), unter freiem Himmel errichtet werden. Die nach Vorlagen von Hans Vredeman de Vries gestaltete Kuppel mit runden Öffnungen sorgt dafür, dass dieser Vorschrift Genüge getan wird. Vom erzählerischen Gehalt einmal abgesehen, ließe sich unser Gemälde übrigens auch als Fünf-Sinne-Bild betrachten: Gesichtssinn (Farben usw.), Geschmack (Essen/Trinken), Geruch (Bratenduft), Gehör (Musik) und Gefühl (Haptik der unterschiedlichen und mit je eigener Stofflichkeit dargestellten Materialien) werden angesprochen. Als kleine Zugabe steht im Vordergrund eine Art miniaturisiertes Stilleben mit Körben voll Brot und Zinntellern. Auch hier wird die malerische Raffinesse des Bildes noch einmal deutlich: Man beachte etwa die Spiegelung des Brotes im Zinn (s. Bild rechts). Die außerordentliche Qualität des Werkes spiegelt sich in der alten Zuschreibung an den berühmten Antwerpener Maler Frans Francken d.J.
R. Krischel