Kurz gestrichelte Linien kennzeichnen die Brosche der hl. Ursula und die Dar-
stellung der stilisierten Hermelinschwänzchen im Banner rechts oben (Abb. 8,
29). Die Zeichnung der jeweils drei Löwen im selben Banner erscheint gekonnt
frei und ohne exakte Wiederholung, sodass die Verwendung einer Schablone oder
Pause nicht ersichtlich ist.
Im Hinblick auf den Gebrauch von Schablonen oder Pausen für wiederholen-
de Motive oder Muster innerhalb der Malerei sei schließlich auf den schon be-
kannten Nachweis der Verwendung von Lochpausen im hellen, pelzumsäumten
Gewandstoff der Gefährtin in Halbrückenansicht hingewiesen.
26
Dieser Befund
bleibt jedoch trotz der erweitert sichtbar gemachten Unterzeichnung aller Tafeln
bzw. Tafelansichten des Altars der Stadtpatrone singulär.
Insgesamt werden nur wenige Pentimenti innerhalb der sichtbaren Unter-
zeichnung erkennbar. Die meisten von ihnen betreffen Handhaltungen. So zeigt
sich die rechte Hand der Gefährtin im blauen Mantel links der hl. Ursula in der
ersten zeichnerischen Anlage in erhobener Position mit teilweise sichtbarer
Handfläche, abgespreiztem Daumen und leicht gekrümmten Fingern. In einem
zweiten Schritt änderten erkennbare Zeichenlinien diese Form zugunsten einer
Hand, die mit geschlossenen Fingern eine Kette hält. Im Bereich der zeichnerisch
ursprünglich geplanten Handhaltung der Gefährtin am linken Bildrand, die mit
der anfänglich entworfenen Stellung der Hände der hl. Ursula eng verwandt ist,
wandeln auffallend dunkle Zeichenlinien die herabhängende in eine auf dem ge-
gensätzlichen Unterarm aufliegende Hand. Die einzelnen, zuweilen parallel ver-
laufenden Linien weichen in Stil und Präzision von der ersten Zeichnung ab, so-
dass sie möglicherweise von einer anderen Person ausgeführt wurden. Eine
weitere Korrektur innerhalb der Unterzeichnung ist in der am rechten Bildrand
dargestellten Hand erkennbar, die in beiden grafisch angelegten Formen der weib-
lichen Figur rechts hinter dem hl. Ätherius zuzuordnen ist. In unterschiedlichem
Winkel geben die Zeichenlinien Fingerformen an, die den Oberarm des hl. Äthe-
rius ursprünglich umgreifen sollten (Abb. 11). Eine zeichnerische Anlage für die
in der Malerei letztlich realisierte Form, die nur als Hand des hl. Ätherius selbst
plausibel erscheint, lässt sich nicht erkennen. Schließlich weisen im Gesicht der
Gefährtin links des hl. Ätherius auffallend dunkle und knapp gefasste Linien den
zeichnerisch bereits angelegten Formen von Mund, Nase, Kinn und rechtem Au-
ge eine höhere Position zu.
136
iris schaefer
·
caroline von saint-george
26
Lauer, Schulze-Senger, Hansmann [
5
], S. 54.