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Wüste - Meer - Schöpfermythen

Bild der 47. Woche - 20. November bis 26. November 2017

Frauengemeinschaftswerk Minyma Tjuta Ngura, 2016. Acryl auf Leinen, 230 x 200 cm (Foto: © Spinifex Arts Project | ARTKELCH, 2016)

Nawurapu Wunuŋmurra: Mokuy, 2015. natürliche Erdpigmente auf Holz, H: 250 cm, mit Detailansicht des Kopfes (Foto: © Buku-Larrŋgay Mulka | ARTKELCH, 2015)

Ian Rictor: Miramiratjara, 2016. Acryl auf Leinen, 110 x 137 cm (Foto: © Spinifex Arts Project | ARTKELCH, 2016)

Gurrundul Marawili: Yingapungapu, 2016. Natürliche Erdpigmente auf Rinde, 77 x 132 cm (Foto: © Buku-Larrŋgay Mulka | ARTKELCH, 2016)

In seiner aktuellen Ausstellung „Wüste – Meer – Schöpfermythen“ widmet sich das Rautenstrauch-Joest-Museum erstmalig der zeitgenössischen Kunst australischer Aborigines. Mit Werken aus gleich zwei führenden Künstlerkooperativen, dem Spinifex Arts Project (aus der Great Victoria Desert in Westaustralien) und dem Buku-Larrŋgay-Mulka Centre der Yolŋu (Selbstbezeichnung der dort lebenden indigenen Bevölkerung aus dem nordöstlichen, am Meer gelegenen Arnhemland) ist die Freiburger Galerie ARTKELCH in Köln zu Gast.

Die Schau greift den kulturvergleichenden Ansatz des RJM auf und stellt die Werke der beiden Kunstzentren einander gegenüber. Während in der Wüste die moderne Malereibewegung der Aborigines erst Anfang der 1970er Jahre begann, gehört Kunst aus dem Arnhemland zu den frühen indigenen Kunstformen Australiens.
Inhaltlich am zentralen Thema der Schöpfungsmythen, hierzulande oftmals als „Traumzeit“ bekannt, orientiert verbindet die beiden Künstlergemeinschaften in der Wüste und am Meer die Auseinandersetzung mit dem Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart, dem Spirituellen mit dem Säkularen, den Menschen und ihrem Land.

Stilistisch dagegen könnte die Kunst aus beiden Regionen Australiens gegensätzlicher nicht sein. Die Spinifex People, die zu den letzten Nomaden der australischen Wüste gehören, verwenden synthetische Acrylfarbe und gleichmäßig gewebte Leinen- und Baumwollstoffe. Gewaltige Landkartengemälde aus der Vogelperspektive mit Wüstenikonographie im mittlerweile klassisch zu nennenden Tupfstil („Dotart“) und ihre Ursprünglichkeit faszinieren den Betrachter. Dahingegen findet man bei den Yolŋu natürliche Erdpigmente, Rinde, von Termiten ausgehöhlte Stämme von Eukalyptusbäumen und ausgediente Holz- und Kartonplatten als Träger von Farbe. Bei ihnen stehen Zeichen und Muster im Vordergrund, deren Ursprünge in uralten Clan-Designs (miny'tji) liegen, die bei Zeremonien auf Körpern gemalt werden. Heute sind die Werke beider Zentren weltweit Bestandteil bedeutender Museen und Privatsammlungen.

Unabhängig von den Kunststilen haben beide Kunstzentren ihre Malerei schon früh politisch eingesetzt, um tausende Jahre alte Land- und Seerechte gegen die bis heute fortwährende Enteignung durchzusetzen. Die Energie der Schöpferahnen ist in den kraftvollen Werken der Spinifex ebenso gegenwärtig wie in den schimmernden Energiemustern der Yolŋu. Auch ohne Vorwissen über Schöpfungsgeschichte, Land und Identität der beiden Künstlergruppen, haben die Werke ihre ganz eigene kraftvolle Ausstrahlung.

O. Lueb