Bild der 17. Woche - 25. April bis 1. Mai 2016
Funde aus einem Frauengrab "An St. Magdalenen", 3. Jh. n. Chr. H der beiden Faltenbecher 18 cm, Inv. 2007, 100-105 (Foto: © RGM und RBA / Anja Wegner)
Das Publikum kennt sie aus vielen Veranstaltungen und liebt ihre tiefgründige, humorvolle und hintersinnige Art der Vermittlung. Nun geht Dr. Beate Schneider, die stellvertretende Direktorin des Museumsdienstes Köln, in den Ruhestand. Mit einer kleinen Serie im "Bild der Woche" verabschieden wir uns von einer geschätzten Kollegin, Kennerin und wunderbaren Vermittlerin der Kölner Antike.
Im Sommer 2007 kamen auf einem Grundstück ‚An St. Magdalenen’ 59 römische Brand- und Körpergräber zu Tage. Die Fundstelle in der Nachbarschaft der Pfarrkirche St. Severin ist Teil des südlichen Friedhofs der CCAA, der sich kilometerweit beiderseits der römischen Fernstraße nach Bonn erstreckte.
Im Nebeneinander der unterschiedlichen Bestattungsformen auf dem untersuchten Areal zeigt sich der Wechsel der Bestattungssitten im römischen Köln. Um den Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr. setzt sich die Körperbestattung gegenüber der Brandbestattung auf dem Scheiterhaufen durch. Die Gründe hierfür sind nicht hinreichend geklärt.
Eines der Körpergräber fiel durch sein exklusives Inventar auf. In einem Nord-Süd ausgerichteten, bleiausgekleideten Holzsarg lag mit dem Kopf im Norden das Skelett einer rund 1,45 Meter großen Frau. Am Fußende stand eine perfekt erhaltene farblose Glasschale. Rechts und links neben ihren Füßen lag je ein zylindrischer gläserner Faltenbecher, in Anspielung auf moderne Kölschgläser ‚Kölner Stangen’ genannt. Zu diesen Grabgeschenken der Angehörigen hatte die Frau persönlichen Schmuck mit ins Grab erhalten. Eine Garnitur aus zwei Haarnadeln, eine aus Glas, eine aus Gagat, hielt einst die Hochsteckfrisur aus geflochtenen Zöpfen über der Stirn.
Aus Gagat, einem Schmuckstein aus Mineralkohle, besteht auch ein kostbarer Armreif. Er besticht durch seine Farbigkeit aus der Kombination von Gold und dem glänzend polierten schwarzen Gagat. Der ovale Reif setzt sich aus drei Gagatsegmenten mit V-förmig gekerbten Außenkanten zusammen. Drei Goldmanschetten verbinden die Segmente. In zwei der profilierten Manschetten verbergen sich Scharniere, eines davon kann durch einen herausnehmbaren Stift geöffnet werden.
Der geringe Durchmesser des Armrings von nur 6,3 x 5,3 Zentimetern spricht für den Schmuck eines ganz jungen Mädchens. Wie eine Zahnschmelzanalyse jedoch ergab, war die Tote eine erwachsene Frau von ca. 40 Jahren. Folgerichtig trug sie den Schmuck auch nicht – er lag in Hüfthöhe neben ihr. Vorstellbar ist, dass die Verstorbene mit diesem Armreif den Schmuck ihrer Jugend mit ins Grab genommen, den Schmuck ihrer späteren Jahre aber einer Tochter vererbt hat.
M. Euskirchen