Wir überarbeiten zur Zeit unser Online-Angebot. Daher pausiert das "Bild der Woche" aktuell.
Vielen Dank für Ihr Verständnis
Bild der 12. Woche - 23. März bis 29. März 2015
Diese Vestibül-Standuhr mit Flötenspielwerk wurde 1934 erworben und gehört seitdem zum Bestand des Museum für Angewandte Kunst Köln, das damals noch den Namen Kunstgewerbemuseum trug.
Die Bezeichnung „Vestibül“ leitet sich aus dem lateinischen Ausdruck „vestibilium“ ab und bedeutet übersetzt „Vorplatz“. In der Architektur des 18. und 19. Jahrhunderts verstand man darunter repräsentative Eingangshallen herrschaftlicher Häuser, die an die Vorhallen antiker römischer Villen erinnerten.
Die Provenienz der Uhr ist nicht eindeutig geklärt. Nachdem zunächst angenommen wurde, dass der in Mannheim lebende Nicholas Pigage die Standuhr in den 1770er Jahren entworfen habe, da die auf der Uhr vorhandene Ornamentik große Ähnlichkeiten mit anderen Werken des für den pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor tätigen Franzosen habe, wurde diese Verbindung aus stilistischen Gründen verworfen. Wahrscheinlicher ist es, dass die Uhr aus den Händen Carl Ludwig Bauers stammt und 1792/95 hergestellt wurde. Dieser hatte für Friedrich Wilhelm II. die sogenannten „Königskammern“ des zerstörten Berliner Stadtschlosses mit den gleichen, typischen Blattranken verziert, die auch auf der Uhr zu finden sind.
Berliner und Potsdamer Uhren waren für ihre aufwendige Gestaltung bekannt. Die Bodenstanduhr fügt sich in das Umfeld des Klassizismus, der nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms II. 1786 in Mode kam. Dieser Einfluss prägte auch den Adel und das aufstrebende Großbürgertum. Sie ließen sich von der neuen Stilrichtung vor allem bei der Gestaltung ihrer Villen inspirieren. Der versilberte Stuck auf dem Körper der Uhr ist dabei keine neue Erfindung. Schon Friedrich II., Onkel und Vorgänger Friedrich Wilhelms II., hatte die Wände und Decken in seinem Schloss Sanssouci mit versilbertem Stuck verzieren lassen. Als Material wurde ausschließlich weiß gefasstes Kiefernholz verwendet.
Der wahre Schatz der Uhr verbirgt sich aber in ihrem Inneren: Das Flötenspielwerk. Es besteht aus 31 Holzflöten, die durch Tastfinger mit Holzschiebstangen von einer Holzwalze mit Stiften ausgelöst werden. Am unteren Teil des Musikwerks befinden sich drei Blasebälge. Und auch musikalisch weiß die Uhr zu überzeugen: Das Werk spielt passerder Weise ein Potpourri aus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“.
Ebenso beeindruckt am Kopf der Uhr das Ziffernblatt. Es misst die Zeit mit eleganten, vergoldeten Messingzeigern im Stile Louis XVI und setzt stündlich das Musikwerk in Gang. Alle Zeiger der Uhr sind darüber hinaus ziseliert und graviert.
J. Seewald