Buddha Shakyamunis Eingang ins Parinirvana

Bild der 07. Woche - 13. Februar bis 19. Februar 2023

Der Eingang des Buddha ins vollkommene Nirvāṇa, Japan, Nanbokuchō-Zeit (1336 – 1392), datiert (1392), 223,8 x 175,5 cm, Tusche, Farben und Gold auf Seide, Museum für Ostasiatische Kunst

Für Buddhist*innen sind die drei »Großen Ereignisse«, Geburt, Erleuchtung und Tod ihres Religionsstifters, Buddha Shakyamuni, von großer Bedeutung.

Die Begebenheiten in Buddhas Leben, die sich vor ca. 2.500 Jahren in Nordindien ereigneten, wurden nach dessen Tod zunächst mündlich tradiert, dann legendär ausgeschmückt und schließlich schriftlich festgehalten. Von Bildhauern und Malern wurden diese Ereignisse auch in religiösen Bildwerken dargestellt. Auf diese Weise ließen sich Leben und Wirken des Buddha den Gläubigen anschaulich und exemplarisch vermitteln. Religiöse (Kunst-)Werke mit Darstellungen der »Großen Ereignisse« spielen an den jeweiligen buddhistischen Gedenktagen in Tempel, Klöstern oder buddhistischen Zentren bis in die Gegenwart eine Rolle (vgl. BdW KW 14/2022).

Ein besonders großformatiges Gemälde aus der Sammlung des Museums für Ostasiatische Kunst entstammt diesem Kontext. Es wurde mit wertvollen Mineralfarben und Gold auf Seide gemalt.
Es ist mitten in der Nacht, über mattgoldenen Nebelschleiern beleuchtet ein silbrig-weißer Vollmond die Szenerie. Im Zentrum des Rollbildes ist der überproportional große, auf seiner rechten Seite liegende, 80-jährige Buddha zu sehen, der mit einem leuchtend roten Mönchgewand bekleidet ist. Der friedlich Entschlafene liegt auf einem Podest inmitten von Bäumen. Buddhas Haut zeigt einen übernatürlichen Goldglanz. Um den Erhabenen herum gruppieren sich insgesamt 52 Figuren. Es sind Buddhas wichtigste Schüler, weltliche Herrscher, überweltliche Göttinnen und Götter, Dämonen sowie rund 60 Vertreter der unterschiedlichen Tierarten. Vom kleinsten Wurm über den weißen Elefanten bis hin zu den Göttern haben sich Wesen aus allen Daseinsbereichen versammelt, um Abschied zu nehmen und um zu trauern. Dabei zeigen sie auf ganz unterschiedliche Weise ihren individuellen Schmerz. Die Natur reagiert ebenfalls auf das besondere Ereignis mit gleichzeitigem Knospen und Verwelken der Bäume. Wer ist die aristokratisch gekleidete Dame, die von oben rechts auf einer goldenen Wolke stehend, nebst Gefolge aus himmlischen Gefilden herabschwebt? Es ist Königin Maya, die leibliche Mutter des Buddha Shakyamuni, die bereits 80 Jahre zuvor, kurz nach dessen Geburt starb.

Das imposante und kostbare Rollbild gehört zur Gattung der Butsu nehan-zu, wörtlich: »Buddhas-Eingang-ins-Nirvana-Bilder«. Es stammt aus dem Japan des späten 14. Jahrhunderts. Mit Parinirvana (dem großen Verlöschen) wird der weltliche Tod des 80-jährigen Religionsstifters bezeichnet. Die geistige Befreiung hatte Buddha bereits 45 Jahre zuvor mit der Erlangung des »Nirvana« erlangt. Buddhist*innen verstehen das Ereignis als bedeutsame Transformation und als endgültige Befreiung des Buddha aus dem leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten (samsara).

Der Parinirvana-Tag wird in vielen buddhistischen Gemeinschaften Mitte Februar gefeiert und von bestimmten Praktiken wie dem Rezitieren bestimmter Lehrtexte (sutren), speziellen Meditationen und dem Präsentieren von vergleichbaren (Roll-) Bildern begleitet.

C. Stegmann-Rennert