Baderitual für den neugeborenen Buddha

Bild der 14. Woche - 4. April bis 10. April 2022

Der neugeborene Prinz Siddharta, Bronze, vergoldet, sinotibetisch, Tibet, 18. Jahrhundert, Museum für Ostasiatische Kunst Köln, C 77,86, Foto: Rheinisches Bildarchiv Köln, Marion Mennicken

Für Buddhist*innen haben die drei »Großen Ereignisse« im Leben des Buddha Shakyamuni (Geburt, Erleuchtung und Nirvana) eine besondere Bedeutung. Sie werden bildlich dargestellt und an jährlich stattfindenden besonderen Feiertagen bedacht. In Ostasien ist dem Gedenken an Buddhas Geburt sogar ein eigener religiöser Feiertag gewidmet. Er findet traditionell am achten Tag des vierten Monats nach dem Mondkalender statt und zählt zu den wichtigen buddhistischen Feiertagen.

In Japan fällt dieser Tag, seit der Übernahme des westlichen Kalenders, immer auf den achten April. Dort ist der durch üppigen und farbenprächtigen Blumenschmuck geprägte Feiertag auch unter dem Namen »Hana Matsuri«, Blumenfest, bekannt. An manchen Orten finden farbenprächtige Umzüge statt. In den Tempeln werden bestimmte Texte gelesen und Statuen des neugeborenen Buddha mit Blumenopfern und einem rituellen Bad verehrt. Die Abbildung des »Baby-Buddha«, die vergleichbar ist mit der sinotibetischen Bronzeplastik aus der Sammlung des Museum für Ostasiatische Kunst, steht während des Rituals in einem Becken. Mit einem Schöpflöffel übergießen die Teilnehmenden die Skulptur mit parfümiertem und gefärbtem Wasser oder mit einem besonderen Tee.

Doch warum sehen die für das Ritual verwendeten Statuen ganz anders aus als ein gewöhnliches Neugeborenes? In der Gestaltung, die den Regeln der Buddha-Ikonografie folgt, drückt sich die religiöse Vorstellung aus, dass der zukünftige Buddha bereits vor seiner Geburt kein gewöhnliches Wesen war. Der Überlieferung nach sollen schon seine Empfängnis, die Schwangerschaft seiner Mutter Maya und seine Geburt von übernatürlichen Umständen begleitet gewesen sein. Siddharta, wie der zukünftige Buddha mit persönlichem Namen hieß, ist vollkommen rein und ohne Schmerzen zu verursachen direkt aus der Seite seiner stehenden Mutter hervorgetreten. Unmittelbar danach machte er sieben Schritte. Aus seinen sieben Fußabdrücken wuchsen Lotosblumen. Das neugeborene Kind blickte anschließend in alle vier Himmelsrichtungen und richtete eine Hand zum Himmel, die andere zur Erde und sprach: »Ich allein beherrsche alles, was über und unter dem Himmel ist. Das ist meine letzte Geburt, ich werde nie mehr in einem Mutterleib weilen!«

Das klingt nach einem Auftakt zu einer ganz besonderen Lebensgeschichte und wie eine Vorwegnahme der folgenden religiös bedeutsamen biografischen Ereignisse im Leben des Erhabenen: Erlangung der Erleuchtung (bodhi) mit 35 und das »Eingehen ins Vollkommene Nirvana« (Tod) im Alter von achtzig Jahren.

C. Stegmann-Rennert