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Antlitz für die Ewigkeit

Bild der 5. Woche - 29. Januar bis 4. Februar 2007

Totenmaske der Prinzessin von Chen, Aus dem Grab der Prinzessin von Chen und Xiao Shaoju, Stadt Qinglongshan, Naiman Banner, Gold, Länge: 20,5 cm; Breite: 17,2 cm; Dicke: 0,05 cm, China, Liao-Dynastie, ca. 1018, Forschungsinstitut der Inneren Mongolei für Kulturgüter und Archäologie, ã Foto mit freundlicher Genehmigung des Inner Mongolia Autonomous Region Cultural Relics Bureau of the People’s Republic of China

Können Sie sie erkennen? So sah sie damals aus, die Prinzessin von Chen. Im Alter von nur 17 Jahren verabschiedete sie sich im Jahre 1018 aus der Welt der Lebenden. Todesursache unbekannt. Doch ihr Gesicht hat bis heute in Form dieser Totenmaske überlebt. Es war eine archäologische Sensation, als das von Grabräubern unberührte Grab der Prinzessin 1985 in der Autonomen Region der Inneren Mongolei der Volksrepublik China entdeckt wurde. Zum ersten Mal konnte sich die Wissenschaft ein vollständiges Bild vom Grab eines Mitgliedes der Kaiserfamilie der Liao-Dynastie machen, die von 907 bis 1125 Nordchina beherrschte. Diese Entdeckung gilt daher als eines der wichtigsten archäologischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts in China. Die Prinzessin von Chen, die mit ihrem Gemahl Xiao Shaoju, der einige Jahre vor ihr verstarb, zusammen beerdigt wurde, war als Enkelin des Liao-Kaisers Jingzong (reg. 969-982) ein hochrangiges Mitglied der kaiserlichen Sippe. Diesen Status spiegeln auch ihre und die Totenmaske ihres Gemahls wider, denn diese sind die einzigen Goldmasken, die bisher zutage gefördert wurden. In anderen Gräbern kamen dagegen Masken aus Bronze, vergoldeter Bronze und manchmal auch Silber ans Licht. Auch die Tatsache, dass die Maske das Gesicht vollständig bedeckte und dass Ohren angefügt waren, belegt den hohen gesellschaftlichen Rang dieses Ehepaars. Die Masken wurden aus gehämmertem Gold gefertigt und mit einem Netz aus Silberdraht am Kopf befestigt. Sie zeigen die individuellen Gesichtszüge der beiden Verstorbenen, deren Körper nicht mehr erhalten sind. Masken wie diese gehörten zu einer Totenausrüstung, die den Toten vor der Verwesung schützen sollten. Ein Totenanzug aus Silberdraht, Krone, Stiefel und Kopfstütze aus vergoldetem Silber bildeten zusammen diese Totenausrüstung ergänzt durch weitere Objekte aus Bernstein, Jade, Silber und Gold, so dass die Prinzessin im Tod über den gleichen Luxus verfügte wie im Leben. Ihren Bedarf an Gold, Silber und anderen wertvollen Metallen deckten die Liao zum Teil über eigene Bergbautätigkeit, aber doch überwiegend durch Importe. Die Nachbarstaaten zahlten Gold als Tribut an die mächtigen Liao. Die chinesische Nördliche Song-Dynastie (960-1127) wiederum war der größte Silberlieferant der Liao. Die Bestattungstradition in der das Gesicht des Verstorbenen be- oder verdeckt wird, hängt eng mit Ideen über das Leben nach dem Tod zusammen. Bereits die Ägypter, Griechen und andere Völker des Altertums haben das Gesicht mit Masken bedeckt. Im China der östlichen Zhou-Dynastie (770-256 v.Chr.) verdeckte man die Gesichter hochrangiger Verstorbener mit Jademasken. Nach der Han-Dynastie (206 v.Chr. – 220 n.Chr.) scheint diese Bestattungstradition jedoch verschwunden zu sein und taucht erst wieder in der Liao-Zeit in China auf. Archäologische Funde haben gezeigt, dass Totenmasken zwischen dem zweiten und achten Jahrhundert vorwiegend in den Regionen westlich von China vorkamen, und zwar in Xinjiang, das heute zu China gehört, und Südsibirien. Deswegen wird vermutet, dass diese Tradition bei Nomadenstämmen üblich war. Da das Liao-Reich von den Kitan, einem nomadischen Reitervolk, begründet wurde, scheint eine Verbindung zu diesen Stammestraditionen näher zu liegen, als eine Verbindung zu den Bestattungstraditionen der Han-Dynastie. Lesen Sie im BdW 07/2007 (12.02. – 18.02.2007) wie einige Mitglieder der Liao-Dynastie sich gegen den endgültigen Tod absicherten.

S. Priewe