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Bild der 42. Woche, 14. bis 21. Oktober 2002
Das Bild der Woche führt diesmal einen möglichen Zweck von Bildern vor, der bei den sonst hier besprochenen Werken häufig keine Rolle spielt, den des Dokumentierens. Als Abbildung einer Zeitung wurde es nicht zu künstlerischen Zwecken geschaffen, sondern ausdrücklich mit der Aufgabe, die Aussage eines Textes zu ergänzen und ein öffentliches Ereignis zu dokumentieren. "Nebenbei" dokumentiert es jedoch auch den Gebrauch des Holzschnittes als Vervielfältigungstechnik der Mitte des 19. Jahrhunderts (siehe auch unsere Serie zu druckgraphischen Techniken) sowie auf der Darstellungsebene, vergangene Zeitphänomene wie Mode, Mobiliar usw. Zum Inhalt, bzw. der Vorgeschichte des Bildes: Im Juni 1847 wurde in London der "Bund der Kommunisten" gegründet und Karl Marx und Friedrich Engels mit der Abfassung eines Programms - "Manifest der Kommunistischen Partei" - beauftragt. Weil die geltenden Gesetze ein öffentliches Arbeiten nicht zuließen, musste der Bund in Deutschland im Geheimen arbeiten. Nach der Februar-Revolution von 1848 entschlossen sich viele führende Männer des Bundes, nach Deutschland und insbesondere Köln - einem Zentrum der Revolution - zu gehen. Der Bund verlor mit der Rückkehr der Emigranten nicht nur seinen Geheimcharakter, er löste sich de facto auf. Das Scheitern der Revolution und die Flucht vieler Beteiligter erweckte ihn wenige Monate später wieder zum Leben, aufgrund der Einschränkung der Versammlungsfreiheit im Juni 1849 konnte er jedoch nur im Geheimen wirken. Interne Streitigkeiten in der Londoner Zentrale führten 1850 zu einer Spaltung des Bundes. Auf Wunsch von Marx wurde die Kölner Gemeinde mit der Neubildung einer Zentrale beauftragt. Von hier aus bereisten Emissäre ganz Deutschland. Dabei wurde einer von ihnen - Peter Nothjung (1821 - 1866) - in Leipzig verhaftet. Bei ihm fand man verschiedene Unterlagen, die mit dem Bund in Verbindung gebracht wurden. Schon einen Tag später, am 11. Mai 1850, wurden Dr. Hermann Becker (1820 - 1885) und Peter Gerhard Röser (1814 - 1865) in Köln verhaftet, es folgten Dr. Roland Daniels (1819 - 1855), Carl Wunibald Otto (1808 - nach 1862), Abraham Jacobi (1830 - 1919), Albert Ehrhard (geb. um 1820), Wilhelm Joseph Reiff (geb. 1824 - nach 1860), Dr. Johann Jacob Klein (1817 - nach 1896), Friedrich Leßner (1825 - 1910) und Heinrich Bürgers (1820 - 1878). Die Bedeutung des Bundes wurde von der Polizei hochgespielt. Da sich das den Verhafteten unterstellte Staatskomplott als reine Phantasievorstellung der Behörden entpuppte, wurden von amtlicher Seite Beweise gefälscht, um einen geplanten Umsturz der Kommunisten belegen zu können. Selbst diese Beweise reichten jedoch nicht aus, so dass der Prozess verschoben werden musste, damit die Anklage neue Belege für "die Vorbereitung zum Hochverrat" (er)finden konnte. Mit 18-monatiger Verzögerung wurden der Zigarrenarbeiter Röser, die Schneider Nothjung und Leßner, der Redakteur Bürgers, der Verleger Becker, der Chemiker Otto, die Handlungsgehilfen Ehrhard und Reiff sowie die Ärzte Daniels, Klein und Jacobi am 4. Oktober 1852 vor Gericht gestellt. Der Dichter Ferdinand Freiligrath (1810 - 1876) hatte rechtzeitig nach London ins Exil gehen können. Übrig blieb der Vorwurf der Verschwörung, die allein darin bestand, Mitglied des Bundes gewesen zu sein und für die Verbreitung kommunistischen Gedankenguts unter den Massen gesorgt zu haben. Auf der Abbildung kann man links die elf Angeklagten mit ihren Verteidigern erkennen, in der Mitte das Gericht mit Assisenpräsident Göbel, den Landgerichtskammerpräsidenten Oedenkoven und Dr. Kehrmann, den Oberprokurator Dr. von Seckendorff (stehend?), den Staatsprokurator (öffentlicher Ankläger) Saedt und rechts die sieben Geschworenen. Die meisten Angeklagten wurden sechs Wochen später, am 12. November, wegen ihrer politischen Ideen zu Haftstrafen zwischen drei und sechs Jahren verurteilt, vier sprach man frei. Der Prozess war das Ende des Bundes.
R. WagnerJ. Zepp