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Louise Bourgeois, Das Nest

Bild der 24. Woche - 9. bis 15. Juni 1997

Louise Bourgeois (geboren 1911) Das Nest, 1994, Stahl, 256 x 480 x 402 cm, Museum Ludwig, ML/Dep. 7209, Leihgabe ab Juni 1997, © VG Bild-Kunst, Bonn 1998

Bereits in Louise Bourgeois´ frühen plastischen Arbeiten deutet sich ihre gestalterische Methode an, von Innen nach Außen zu arbeiten. Das heißt, die Künstlerin setzt sich mit elementaren psychologischen und krankhaften Aspekten der gesellschaftlichen Wirklichkeit auseinander (zum Beispiel mit sexuellen Obzessionen und kollektiven Ängsten) und überträgt diese in phantastische surreale Formen und Figuren. So folgten in den 60er Jahren auf Skulpturen mit Blatt- und Tentakelformen organisch-plastische "Ansammlungen" aus Brust- und Phallus-Vorwölbungen, die ironisch Phänomene des Geschlechter-Verhältnises aufgreifen. Mit ihren gigantischen Stahlspinnen aus dem Jahre 1994 bezieht sich Louise Bourgeois auf unterbewußte Ängste der Menschen, vielleicht auch auf den Horror à la Hollywood. Sowohl die Ängste als auch der Horror sind letztendlich nur psychologische Projektionen unserer gesellschaftlichen Situation. So erkennt die Künstlerin in der Spinne einerseits die Urangst vor dem Tod und dem weiblichen Geschlecht, da das Weibchen zuweilen nach der Begattung das Spinnenmännchen frißt. Andererseits weist sie aber auf die vorbildlichen Werte wie Intelligenz und Geduld hin, die diesen Tieren zueigen sind. Bourgeois´ riesige "Spider" vermitteln durch die verschiedenen Positionen ihrer dünnen schwarzen Stahlbeine und den proportional sehr kleinen Leibern, die wiederum über ihre Gestaltung - zum Beispiel ein mit blauer Tinte gefülltes Glas - an surreale Inhalte erinnern, eine lauernde Beweglichkeit. Eine Ansammlung solcher metallener Spinnen nannte die Bildhauerin "Nest" und verbindet damit die kritische Frage nach dem biologischen und gesellschaftlichen Sinn der Familie.

G. Kolberg