Hans-Jürgen Massaquoi mit Hakenkreuzanstecker.
Harry Davis, dessen Vater John aus Kamerun stammte,
mit seiner Schulklasse in Rüdersdorf, um 1924. |
Ganz normale
Leute
Zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und 1945
lebten ungefähr zweieinhalb- bis dreitausend Schwarze in
Deutschland: Einwanderer aus den ehemaligen deutschen Kolonien
in Afrika, die man schon vor 1914 meist zu Ausbildungszwecken
hierher geholt hatte; kriegsgefangene Kolonialsoldaten Frankreichs
und Großbritanniens sowie schwarze Kriegsteilnehmer aus
den USA, die hier hängen geblieben waren; Diplomaten, Geschäftsleute,
abgemusterte Seeleute und Studenten aus den verschiedensten Gebieten
Afrikas, der Karibik und den Vereinigten Staaten; und - vor allem
- Unterhaltungskünstler (Jazz-Musiker, Tänzer, Sänger
usw.), die nach Kriegsende auf der Suche nach Arbeit zumeist aus
den krisengeschüttelten USA eingewandert waren. Hinzu kamen
ein paar hundert „farbige“ Kolonialsoldaten Frankreichs,
die zwischen 1919 und 1920 einige Monate lang an der militärischen
Besetzung des Rheinlands beteiligt waren und anschließend
bis zum endgültigen Abzug der französischen Besatzungstruppen
im Jahre 1930 blieben. Schließlich kamen auch noch im Rahmen
der Ruhrbesetzung durch Frankreich und Belgien von 1923 bis 1925
farbige Soldaten. Aus Verbindungen dieser Besatzungsangehörigen
mit deutschen Partnern gingen mehrere hundert Kinder hervor, die
als „Mischlinge“ oder „Bastarde“ qualifiziert
wurden.
Die Lebensführung dieser Einwanderer verfolgte
im allgemeinen das Ziel, in der deutschen Gesellschaft Fuß
zu fassen und unbehelligt von äußeren Einflüssen
ein glückliches Dasein zu finden. Tatsächlich handelte
es sich bei der großen Mehrheit von ihnen um „ganz
normale Leute“, die ihr Leben nicht anders als die meisten
der sie umgebenden übrigen Menschen nach den geltenden Normen
und Regeln der deutschen Gesellschaft zu gestalten und zu meistern
wünschten.
Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung
hatte keinen unmittelbaren Kontakt zu farbigen Menschen. Sie erlebte
sie im allgemeinen als Exoten: in Zeitschriften und Büchern,
im Zirkus und auf der Bühne oder in einer Völkerschau.
|