Bild der 31. Woche - 1. August bis 7. August 2022
Ein junger Mann in Ritterrüstung, das IHS-Zeichen auf der Brust, ein Speer locker in der Hand: Über Ignatius von Loyola (1491 – 1556), den Gründer des Jesuitenordens, ließen sich viele Geschichten erzählen. Doch sein Porträt aus dem Besitz des Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds lässt sich nicht nur auf Motiv oder Entstehungskontext beschränken. Denn gleichzeitig stammt das Porträt aus einer großen Sammlung, die zum Kulturellen Erbe Kölns gehört. Das Gemälde ist eines von unzähligen Objekten aus den Sammlungen der ehemaligen Kölner Jesuiten – ehemalig, denn der Orden wurde 1773 zwischenzeitlich durch den Papst aufgelöst.
Kurze Zeit nach Gründung der Gesellschaft Jesu in Rom durch Ignatius von Loyola im Jahre 1540 kamen weitere Ordensniederlassungen hinzu. Das Kölner Jesuitenkolleg entstand ab 1542 – als erstes Kolleg nördlich der Alpen. Schon bald übernahmen die Jesuiten eine wichtige Rolle im Kölner Bildungswesen, leiteten sogar das Gymnasium Tricoronatum in der Marzellenstraße, eines der drei Gymnasien der Stadt. Im Rahmen der schulischen Ausbildung legten sie großen Wert auf Anschauungs- und Lehrmaterial. So entstand das Physikalische Kabinett mit naturwissenschaftlichen Instrumenten und Objekten und wurde zur Lehrsammlung für den praktischen Unterricht im 18. Jahrhundert. Zudem gab es eine Bibliothek am Kolleg, die ganz unterschiedliche Themenbereiche abdeckte. Sie diente sowohl zum Einsatz in der Schule als auch für die Forschungen der Ordensmitglieder.
Neben Büchersammlung und Physikalischem Kabinett besaßen die Jesuiten zudem eine große Sammlung an Zeichnungen und Druckgraphiken. Einige wurden dem Kolleg vermutlich als Schenkungen angetragen, andere Gebrauchsgrafiken – Reproduktionen von Originalen – wurden bewusst angekauft. Die Wände des Kollegs waren mit zahlreichen Gemälden, darunter Porträts, geschmückt, sodass sich im Laufe der Zeit eine nicht unbeachtliche Gemäldesammlung angesammelt haben muss. Darunter befand sich auch das Porträt von Ignatius von Loyola – wohl in den Räumlichkeiten der Marzellenstraße.
Nach Auflösung des Ordens kam es bedingt durch die politischen Veränderungen zu Abtransporten vieler Objekte aus der Jesuitensammlung nach Paris, zu Verkäufen und Besitzwechseln. Die tatsächliche Größe der Sammlung lässt sich heute schwerlich nachvollziehen. Ein Teil der Sammlungen ist in Köln verblieben bzw. zurückgekommen: Die Objekte werden heute in unterschiedlichen Kölner Institutionen aufbewahrt und erforscht.
Ein Kooperationsprojekt zwischen dem Lehrstuhl für die Geschichte der Frühen Neuzeit an der Uni Köln, dem Rheinischen Bildarchiv und dem Museumsdienst Köln hat die verstreuten Teilbestände in jüngster Zeit erstmals wieder als gesamten Sammlungszusammenhang verständlich und über verschiedene digitale Angebote breiter zugänglich gemacht.
V. Skowronek