Bild der 43. Woche - 24. Oktober bis 30. Oktober 2016
Römischer Reisewagen, Figuren und Beschläge aus Bronze, 3. Jh. n. Chr.; Wagenaufbau: Rekonstr.; Inv.-Nr. 44,7 - 148 (Foto: RBA Köln, Anja Wegner)
Die aktuelle Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum beschäftigt sich mit der Via Appia - aus heutiger Sicht. Das ist eine gute Gelegenheit. über Reisen früher nachzudenken. Dieser repräsentative Reisewagen gehört zu den bekanntesten und auch größten Objekten des Römisch-Germanischen Museums. Der vierrädrige Wagen verfügt über eine offene Kutscherbank und einen geschlossenen Aufbau für die Reisenden. Die antiken Figuren und Beschläge aus Bronze dienen nicht nur zum Schmuck des Wagens, sondern waren auch Grundlage seiner Rekonstruktion. Stilistisch sind sie an den Anfang des 3. Jh. n. Chr. zu setzen.
Über der Kutscherbank ist eine bronzene Dionysosgruppe angebracht. Der Weingott stützt sich mit beiden Armen links und rechts auf die Schultern seiner zwei Begleiter, einen Pan mit Bocksbeinen und einen jungen Satyrn. Mänaden, tanzende Mädchen aus dem Gefolge des Dionysos, verzieren die Balkenenden am hinteren Ende des Wagens. Dort sind auch, direkt unter dem Wagendach, zwei Herkulesbüsten zu finden. Herkules war auch für Handel und Verkehr zuständig und beschützte Kaufleute und Reisende.
Victoria ist mit einer Besonderheit des Wagens verbunden: die vier Bronzefiguren der Siegesgöttin tragen die Aufhängung des Wagens. Links und rechts an jeder Viktoriafigur befindet sich eine große Öse in Form eines Fingers, durch die Ledergurte gezogen sind. Diese führen an der Hinterachse zu Haken und Ringen am Wagenboden. Über der Hinterachse enden die Gurte in Ringen, die auf einer Stange laufen und dadurch mehr Spiel beim Drehen der Vorderachse gewähren. Unebenheiten im Boden konnten durch diese Aufhängung abgefedert werden und die Reisenden genossen so eine relativ ruhige Fahrt. Das Straßennetz war zwar gut ausgebaut und wurde gepflegt, der größte Teil der Straßen bestand aber aus befestigten Schotterwegen. Die für Römerstraßen so bekannte Pflasterung fand sich meist nur in den Städten und wenige Meilen im Umkreis.
Hochgestellte Persönlichkeiten oder wichtige Beamte benutzten solch große, vierrädrige Wagen, die meist von vier Pferden gezogen wurden. Mit den bronzenen Wagenteilen wurde auch Zaumzeug für vier Pferde ausgegraben, was diese Vermutung bestätigt.
Der vierrädrige geschlossene Reisewagen sorgte für ein komfortables Fortkommen auf den Straßen der römischen Zeit. Die Passagiere waren vor Wind, Wetter und den neugierigen Blicken anderer Reisender geschützt. Bei 50 bis 70 Kilometern am Tag bewältigte der Wagen zum Beispiel die Strecke Rom-Brindisi entlang der Via Appia in etwa acht Tagen. Die Reisenden konnten an den Raststationen entlang des Weges anhalten oder sogar in dem Wagen übernachten. Eine Stange, die durch die Speichen der hinteren Räder gesteckt werden konnte, verhinderte ein Wegrollen des Wagens.
Möglich ist auch der Einsatz des Wagens im öffentlichen Post- und Transportwesen, dem sogenannten cursus publicus. Dieses stellte Mitgliedern des Kaiserhauses und staatlichen Beamten Transportmittel und Unterkunft zur Verfügung.
K. Jaschke