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Der "bronzene" Kanzler

Bild der 13. Woche - 29. März bis 4. April 2004

Bismarck-Denkmal (Höhe der Figur: 283 cm) vor dem Kasino am Augustinerplatz, 1879
Otto von Bismarck Modell der Aktien-Gesellschaft vorm. Gladenbeck & Sohn nach der Statue von Fritz Schaper, 1879 Bronze, H: 68 cm Kölnisches Stadtmuseum, KSM 1991/256

Das erste Standbild des Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815 – 1898) in Deutschland wurde von dem Berliner Bildhauer Fritz Schaper (1841 – 1919) geschaffen und am 1. April 1879 – also vor 125 Jahren und noch zu Leb- und Regierungszeiten Bismarcks – auf dem Kölner Augustinerplatz enthüllt. Es ging auf die Stiftung des Kölner Kaufmanns Christoph Andreae zurück, der der Stadt testamentarisch 20.000 Mark vermacht hatte. Der Verehrer des „Eisernen Kanzlers“ muß sich bewußt gewesen sein, daß er damit eine politische Provokation auslöste, denn die Kölner Katholiken hatten zu jener Zeit noch stark unter den Folgen des von Bismarck angezettelten Kulturkampfs zu leiden. So gab es in der Stadtverordneten-Versammlung zunächst auch Diskussionen, ob das Geschenk von der Stadt überhaupt angenommen werden sollte. Doch als kurze Zeit später eine weitere Spende des Barons Friedrich von Diergardt das Schenkungskapital verdoppelte, erhöhte sich der Druck auf die Stadt, und das Standbild wurde schließlich innerhalb von drei Jahren verwirklicht. Nun mußten sich die Denkmalsetzer die Frage gefallen lassen, ob die monumentale Ehrung einer lebenden Persönlichkeit überhaupt angebracht sei. Zumal der Reichskanzler in den drei Jahren der Denkmalentstehung seine politische Ausrichtung grundlegend gewandelt hatte. Während er zu Beginn der Planungen mit den Liberalen koalierte, hatte er sich in der Zeit der Denkmalenthüllung wieder ganz den Konservativen zugewandt. Besonders hart traf die Liberalen Bismarcks Entscheidung für die Schutzzollpolitik, die Beschränkungen für den Handel bedeutete. Und so textete die Kölnische Volkszeitung rückblickend zu der Denkmalsetzung für Bismarck: ”Ob übrigens dieselbe Stadtverordneten-Versammlung heute noch denselben Beschluß fassen würde? Darüber sind Gedanken – zollfrei.” An der viel frequentierten Nord-Süd-Achse der Stadt platziert wurde der bronzene Ehrenbürger aber dennoch jedem Kölner vor Augen gestellt. Mit einer gewissen Genugtuung mögen es einige gesehen haben, daß in den umstehenden Bäumen Vögel nisteten, die laut zeitgenössischer Pressemeldung ”wenig Respekt vor Kölns Ehrenbürger zeigten und sein Standbild mit einer Kruste bedeckten, welches jeden Agrarier an die kostbare Oberfläche der Guano-Inseln im stillen Ozean erinnerte”. Heute steht ein Parkhaus dort, wo früher der Augustinerplatz war, und nur die alten Platanen sind von der ursprünglichen Platzgestaltung übrig geblieben. Außer diesen botanischen Überlebenden erinnert noch die im Kölnischen Stadtmuseum zu besichtigende, 68 cm hohe Statuette an dieses Monument. Die Reste des Denkmals wurden nach dem 2. Weltkrieg gestohlen.

I. Benner