Die Eröffnung des Museums für Ostasiatische Kunst (MOK) in Köln am 25.10.1913 galt als Zeichen des Aufbruchs, mit dem sich die Rheinmetropole zum Zeitgeist der Moderne bekannte. Die Botschaft der Museumsgründer Adolf Fischer und seiner Frau Frieda lautete: Die Kunst Ostasiens ist der europäischen Kunst ebenbürtig, mehr noch, es gibt so etwas wie “Weltkunst”, die sich an ein und denselben Maßstäben messen lässt.
Das Museum für Ostasiatische Kunst feiert dieses Jubiläum 2013 und 2014 mit drei zentralen Ereignissen, die Ihnen diese Sonderpräsentation nahebringen möchte. Den Auftakt bildet die Ehrung der Museumsgründer mit einer Kranzniederlegung am 25. Oktober 2013.
Vom 17. Mai bis 7. September 2014 präsentiert das Museum für Ostasiatische Kunst die Fotoausstellung „Von Istanbul bis Yokohama: Die Reise der Kamera nach Asien 1839-1900“. Im Oktober 2014 folgt die in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Paul Klee in Bern organisierte Ausstellung über den Einfluss fernöstlicher Kunst auf das Werk von Paul Klee. „Vom Japonismus zu Zen. Paul Klee und der Ferne Osten“, vom 18. Oktober 2014 bis 1. Februar 2015.
In seiner Rede anlässlich der Gedenkfeier für den Sammler und Gründer der Orientstiftung Hans Wilhelm Siegel sagte Erwin Wickert, der ehemalige deutsche Botschafter in China folgenden Satz:
Wer seiner Zeit Genüge getan, der hat genug getan.
Man könnte diesen Satz auch in eine buddhistische Richtung deuten. Der Buddhismus lehrt, dass Neid, Gier, Hass und selbstverschuldete Unwissenheit die schwersten Sünden sind, man könnte auch sagen, die größten Hindernisse auf dem Weg zur Erkenntnis, die letztendlich die Vorraussetzung dafür ist, dass man der eigenen Zeit Genüge tun kann.
Der eigenen Zeit Genüge tun - wer könnte behaupten, diesem Ziel zu entsprechen? Und doch meine ich, dass die Museumsstifter Adolf Fischer und Frieda Fischer-Wieruszowski in ihrer Zeit genau dies getan haben. Mit ihren beschwerlichen, oftmals gefährlichen Ostasienexpeditionen und ihrer uneigennützigen Sammelleidenschaft, mit ihrer Ausdauer, und Begeisterung, mit ihrem vorurteilsfreien Wissenshunger, aber auch mit ihrer Weitsicht und Großherzigkeit haben sie für uns ein großes Fenster zur Weltkunst geöffnet. Und Frieda Fischer-Wieruszowski hat darüber hinaus in Zeiten tiefster Demütigung ein Vorbild gesetzt für Treue, Tapferkeit und Selbstachtung.
Ich möchte an dieser Stelle einige Passagen aus ihren Briefen zitieren:
1944 schrieb sie aus Dresden, wohin sie mit ihrem Mann zu einer früheren Haushaltshilfe fliehen konnte, an eine Freundin in Mehlem: “Die schönen Worte Hölderlins begreife ich ganz und gar “In uns ist alles”. Die eigene Welt, die mir das Leben geschenkt, ist mein höchster, jetzt mein einziger Besitz und dem will ich leben und keinen Deut davon aufgeben. (…) Mein Mann ist sehr leidend, aber wenn er ruht und schläft, will ich mich auf mich besinnen und Gott danken, dass er mir eine Seele gegeben hat, in die ich alles Erhabene, Große, Schöne mit Ehrfurcht einpflanzen will.” Und weiter: “Die (…) Bahn nach Dresden (…) ist (…) für uns unerreichbar und so leben wir hier ganz abgelegen wie am Mond (…). Das geht auf Dauer nicht, 6 Menschen in 2 Zimmern, aber wer wagt meinen Mann aufzunehmen, wer darf es?” Und aus einem Brief, den sie 13 Tage vor ihrem Tod im Dezember 1945 aus Berlin an ihre Freundin schrieb erfahren wir: “Erschrecken Sie nicht ob solcher Schrift : Barbarische Kälte (…) alles um mich eiskalt, ich bibbere (…)” und weiter: “Pekuniär? Meine Effekten, mein gutes Konto lag bei der Deutschen Bank. Alles … geplündert, nichts blieb (…) Ich muss erst (…) wieder Mensch werden, bin so aus dem Geleise geworfen (…). Man nahm mir mein Museum, mein geistiges Kind, das Rathaus verbot mir den Zutritt zu ihm. Man riet mir dort, mich von meinem Mann scheiden zu lassen, die Gestapo wies mich aus, in Dreseden auch (…)”.
Diese Bruchstücke geben uns eine Ahnung von den Qualen, die Frieda Fischer-Wieruszowski durchlitten hat. Fest steht, dass sie durch ihre Treue ihren Mann vor dem Tod im KZ bewahrt hat.
Wenn ich nun auf den heutigen Tag des Jubiläums zu sprechen komme, muss ich sagen, dass wir, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter uns natürlich gewünscht hätten, den 100. Geburtstag des Museums für Ostasiatische Kunst mit einer Ausstellungseröffnung zu feiern. Leider war dies wegen der Sanierungsarbeiten nicht möglich.
Dennoch sind wir dankbar, dass wir heute mit Ihnen, das beeindruckende Lebenswerk von Adolf Fischer und Frieda Fischer-Wieruszowski würdigen dürfen. Wenn wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, uns am heutigen Tag das große Verdienst der Museumsstifter bewusst machen, aber auch die Irrwege und das Unrecht der Vergangenheit in Erinnerung rufen, dann haben wir Genüge getan. Denn das Vermächtnis der Museumsgründer ist das Fundament, auf dem das Museum für Ostasiatische Kunst im 21. Jahrhundert sein Potential und seine Wirkkraft immer wieder neu und immer wieder lebendig entfalten wird.
Ich möchte Sie nun zum Besuch des historischen Ehrengrabs der Museumsstifter einladen, das mit der großzügigen Unterstützung durch den Fördererkreis des Museums für Ostasiatische Kunst in authentischer Weise, also auf den Resten der ursprünglichen Fundamente, restauriert wurde. Allen, die uns geholfen haben, und Ihnen, die Sie heute gekommen sind, gilt mein herzlicher Dank!