Das Gedenkbuch

Das Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus gehört seit seiner Gründung zu den zentralen Aufgaben des NS-Dokumentationszentrums. In dieser Datenbank finden Sie Informationen über Männer, Frauen und Kinder, die in Köln geboren wurden oder lebten und von 1933 bis 1945 als Juden gedemütigt, entrechtet, ausgeplündert und von Köln oder einem anderen Ort aus deportiert und ermordet wurden.

Im Jahr 1925 bekannten sich während der Volkszählung rund 16.000 Kölner und Kölnerinnen zum jüdischen Glauben. Der Synagogengemeinde, die über die Grenzen der Stadt hinausreichte, gehörten zur gleichen Zeit etwa 20.000 Mitglieder an. Der Holocaust markiert einen tiefen Bruch in der Geschichte Kölns. Etwa die Hälfte der jüdischen Bevölkerung in Köln und Region konnte sich durch Emigration retten. Alle anderen, darunter auch die meisten derjenigen, die in später deutsch besetzte Länder emigriert waren, wurden deportiert und ermordet.

Die Deportationen in Ghettos und Vernichtungslager setzten in Köln im Herbst 1941 ein. Zunächst wurden rund 3.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder in die Ghettos Litzmannstadt und Riga deportiert. Um die Jahreswende 1941/42 wurden die meisten Juden aus Köln in ein Lager in Köln-Müngersdorf eingewiesen. Ab dem Sommer 1942 führten weitere Deportationen mit insgesamt über 3.500 Menschen von Köln aus in das Ghetto Theresienstadt sowie direkt in die NS-Vernichtungslager, vor allem Trostenez bei Minsk, Belzec, Sobibor, Treblinka und, über Berlin, auch nach Auschwitz-Birkenau.

Jüdische Kölnerinnen und Kölner befanden sich auch in den großen Deportationszügen, die beispielsweise von den berüchtigten Sammellagern Westerbork (besetzte Niederlande), Mechelen (besetztes Belgien) oder Drancy (besetztes Frankreich) aus in die Vernichtungslager fuhren.

Von Herbst 1944 bis zum März 1945 wurden in Köln schließlich auch diejenigen interniert und deportiert, die nach den „Nürnberger Rassegesetzen“ als „Mischlinge“ oder als in „Mischehen“ lebend bis dahin verschont geblieben waren. Bei Kriegsende gab es kein jüdisches Leben mehr in der Stadt. Nur sehr wenige hatten im Versteck überlebt, noch weniger kehrten aus den Lagern zurück.

Quellenbasis

Die Quellenlage ist in Köln aufgrund von Kriegszerstörungen und wegen der systematischen Vernichtung von Unterlagen sehr schwierig. So sind zum Beispiel die Erhebungsbögen der Volkszählung von 1939 für Köln nicht überliefert. Die Unterlagen der Gestapo wurden vor Kriegsende vernichtet, auch die Einwohnermelderegister bis 1945 sind nicht mehr vorhanden.

Um überhaupt die Verfolgung und Ermordung des Kölner Judentums rekonstruieren zu können, mussten daher zunächst die Daten zu allen Personen zusammengetragen werden, die zwischen 1933 und 1945 in Köln gelebt hatten und wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt wurden. Für das erste Gedenkbuch, das 1995 in Buchform veröffentlicht wurde, waren seit 1988 u. a. Adressbücher, verschiedene Deportationslisten, Akten Kölner Schulen, das Gedenkbuch des Bundesarchivs, zeitgenössische und aktuelle Veröffentlichungen ausgewertet worden. Hinzu kamen Befragungen von Überlebenden.

Die 1998 im Internet veröffentlichte Datenbank enthielt Daten zu mehr als 7.000 Männern, Frauen und Kindern, die deportiert und ermordet wurden. Vermerkt wurden Angaben zu Name, Vorname, ggf. Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort, Sterbedatum, Sterbeort, das Deportationsjahr und das Deportationsziel. Aufgrund der unzureichenden Quellenlage konnten jedoch für eine hohe Anzahl von Opfern keine und nur bruchstückhafte Angaben zu Personalien und dem weiteren Verfolgungsweg seit der Deportation oder Flucht aus Köln gemacht werden. Bei vielen war lediglich bekannt, dass sie nach 1945 von Angehörigen für tot erklärt worden waren.

Neubearbeitung seit 2004

2004 wurde mit der grundlegenden Neubearbeitung des Gedenkbuchs begonnen. Dabei wurden zum einen die Datenbankstrukturen einer gründlichen Revision unterzogen, zum anderen werden seitdem kontinuierlich neue Quellenbestände erschlossen und systematisch ausgewertet. Auch die Informationen, die aufgrund von Korrespondenzen mit Angehörigen, Archiven oder Forschenden im NS-DOK eintreffen, werden mit berücksichtigt.

Daneben sind auch die Kriterien für die Aufnahme in das Gedenkbuch verändert worden. In die erste Ausgabe des Gedenkbuchs von 1995 waren nur Personen jüdischer Herkunft aufgenommen worden, die zwischen 1933 und 1945 in Köln ansässig gewesen waren. Dieser Personenkreis wurde nun um all diejenigen erweitert, die von Köln aus deportiert wurden, auch wenn sie zuvor nicht in Köln gelebt haben. Außerdem werden nun Personen in die Datenbank aufgenommen, deren Geburtsort Köln ist und die aus anderen Städten deportiert worden sind, wenn diese Informationen über Archivrecherchen oder durch die Korrespondenz mit Angehörigen bekannt werden.

Diese Erweiterung ist nicht nur für die Rekonstruktion des Verfolgungsgeschehens während der NS-Zeit von Bedeutung. Sie ist auch deshalb notwendig geworden, weil Angehörige sich in der Regel zuerst an den Ort wenden, an dem die späteren Opfer geboren oder von dem aus sie deportiert worden sind.

Die wichtigsten Neuerungen

Durch die bessere Zugänglichkeit von Archiven seit den 1990er Jahren, die Digitalisierung und das Internet ist eine Vielzahl von zum Teil sehr umfangreichen Quellenbeständen zugänglich geworden. Heute ist es in weitaus mehr Fällen möglich, Lebenszusammenhänge zu beschreiben, Verfolgungswege nachzuzeichnen und Schicksale zu klären. Zu den wichtigsten Quellenbeständen, die für das Gedenkbuch systematisch ausgewertet wurden, zählen die Akten der Jüdischen Selbstverwaltung im Ghetto Litzmannstadt, Unterlagen des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes in Bad Arolsen und die Akten der ehemaligen Oberfinanzdirektion Köln.

Um die in den Quellen genannten Personen eindeutig zu identifizieren und um mit dem richtigen Namen an die Opfer zu erinnern, werden außerdem in großem Umfang Personenstandsanfragen durchgeführt. Über die Klärung von widersprüchlichen Angaben zu Namen, Geburtsdaten, Geburtsorten hinaus lassen sich durch die Auswertung von Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden Verwandtschaftsverhältnisse ermitteln und Verwechslungen von namensgleichen Personen auflösen. Außerdem enthalten die Geburtsurkunden Angaben zu Namen, Beruf, Konfession und Wohnort der Eltern, Randvermerke können weitere Hinweise zu Heirat und Tod der beurkundeten Person enthalten. Auf diese Weise können viele der durch die nationalsozialistische Verfolgung zerstörten familiären Verbindungen zumindest rekonstruiert werden.

Nicht zuletzt werden die Informationen, die das Archiv des NS-DOK selbst enthält, für die Überarbeitung des Gedenkbuchs herangezogen. Durch die Kontakte zu emigrierten Kölner Juden und deren Nachfahren wächst die Sammlung an Fotografien, persönlichen Dokumenten, Korrespondenzen, Nachlässen, Interviews etc. kontinuierlich an. Weitere Erkenntnisse ergeben sich durch den Austausch mit lokalhistorischen Forscher/innen in anderen Gemeinden und Städten.

Die Arbeit am Gedenkbuch ist kein abgeschlossenes Projekt, sondern wird kontinuierlich fortgeführt. Im Jahresbericht des NS-DOK wird regelmäßig über die jeweiligen Schwerpunkte in diesem Arbeitsbereich berichtet.