8. November 2013 bis 9. März 2014
Am Anfang des Ausstellungsprojektes standen Erzählungen über eine Mitte der 1930er-Jahre nach London emigrierte jüdische Innenarchitektin aus Köln und eine mysteriöse Hutschachtel. Erst allmählich fügt sich ein Lebensbild wie ein Puzzle zusammen. Bertha Sander, die aus einer gutbürgerlichen jüdischen Familie stammte, versprach Anfang der 1920er-Jahre eine junge vielversprechende Innenarchitektin in Köln zu werden. Sie arbeitete bei renommierten Architekten in Köln und Berlin, arbeitete bei der Wiener Werkstätte, hatte enge private und berufliche Kontakte zu namhaften Architekten und Designern wie den Österreichern Philipp Häusler und dem an der Wiener Werkstätte beschäftigten Dagobert Peche. Krankheiten und Kuraufenthalte führten jedoch zu einer Unterbrechung der beruflichen Karriere, mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten unterlag sie immer schärferen Einschränkungen, sowohl in ihrem sozialen Leben als auch in ihren Arbeitsmöglichkeiten. 1936 emigriert sie mit ihrer Mutter nach London. An ihre frühen beruflichen Erfolge konnte sie nicht mehr anknüpfen. Lange Jahre lebte sie gemeinsam mit der Mutter in einem Haus, ein eigenständiges Leben konnte sie nicht mehr führen. Sie starb schließlich 1990 im Alter von 89 Jahren einsam und verbittert.
Bertha Sander hat – über alle Umzüge und ihre Emigration nach Großbritannien hinweg – viele persönliche Dokumente, Fotos, eigene Arbeiten, Veröffentlichungen und Erinnerungsstücke aufgehoben und sorgsam wie einen Schatz gehütet. Wichtige Dokumente und Fotos bewahrte sie in einer Hutschachtel auf – ihr künstlerischer Nachlass befindet sich im Victoria & Albert Museum in London, dem größten Kunstgewerbemuseum der Welt.
In der Ausstellung erzählen zahlreiche Fundstücke aus dem Besitz von Bertha Sander eine faszinierende Geschichte eines kontrastreichen Lebens. Es begann fröhlich, weltoffen und emanzipiert in Köln und Wien. Es endete eingeschränkt und verbittert in London und Südengland. Persönliche Spuren und Dokumente stammen aus ganz Europa: aus Köln und London, aus Spa, Davos und Paris, aus Venedig, Wien und Athen.
Eine Ausstellung des NS-Dokumentationszentrums in Zusammenarbeit mit Ulla Rogalski.
Abb. © Rheinisches Bildarchiv