Wo sind die Deserteure? Wo sind die Eltern, sind die Freunde, die Brüder und Schwestern dieser erschossenen Deserteure, deren Leiden man auf die Schwelle des Friedens häufte? (...) Und wo sind die Deserteure, die sich in den zerstörten Städten verbargen, in Dörfern und Wäldern, wartend auf die Alliierten, die für sie damals wirkliche Befreier waren? Haben sie Angst vor den gründlich ihnen eingeimpften Phrasen, die Fahneneid, Vaterland, Kameradschaft heißen?"

Heinrich Böll, 1953

Das Denkmal am ehemaligen Schießplatz Köln-Dünnwald, 2019

"WAS KANN MAN BESSERES TUN, ALS DEN KRIEG ZU VERRATEN?" 

Widmungstext:

SCHIESSPLATZ DÜNNWALD

Seit 1887 befand sich hier eine Schießanlage des preußischen Militärs. Sie bestand zunächst aus drei Schießständen. Ab 1899 wurde auf insgesamt sechs Schießständen mit 400 bis 600 Metern Länge geschossen. Heute noch zu erkennen sind die Erdwälle, die die einzelnen Schießbahnen voneinander abtrennten, sowie Reste der Mauer, die am Ende der Bahnen als Kugelfang diente. Nach der Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg wurde die Anlage im Zuge der Entmilitarisierung durch die Alliierten außer Betrieb genommen. Mit der völkerrechtswidrigen Remilitarisierung des Rheinlandes durch das NS-Regime im Jahr 1936 wurde bald auch das Areal am Kalkweg wieder einer militärischen Nutzung zugeführt.

Hinrichtungsstätte der Wehrmacht

Den Schießplatz nutzte die Wehrmacht bis 1945 als militärischen Übungsplatz. Er diente aber auch als Ort für die Hinrichtung von Soldaten der Wehrmacht, die von Militärgerichten zum Tode verurteilt worden waren. Mehr als 20 Männer im Alter von 18 bis 40 Jahren wurden hier von 1940 bis 1943 erschossen.

Kurz vor Kriegsende wurden in der Nähe des Schießplatzes ein 18- sowie ein 22-jähriger Soldat standrechtlich erschossen.
Diese Jugendlichen und Männer wurden Opfer einer von nationalsozialistischen Vorstellungen geprägten Militärjustiz. Sie bezahlten mit ihrem Leben dafür, dass sie sich dem Vernichtungskrieg entzogen oder aus Überzeugung aktiv dem NS-Regime ihren Dienst verweigerten.

Nach 1945 galten die Opfer der NS-Militärjustiz weiterhin als Feiglinge oder Verräter. Ihre Familien wurden oftmals diskriminiert und erhielten keine Hinterbliebenenrenten. Erst in den Jahren 1998, 2002 und 2009 erklärte der Deutsche Bundestag die NS-Urteile gegen Kriegsdienstverweigerer, Wehrkraftzersetzer, Wehrmachtdeserteure und Kriegsverräter für nichtig.

Das Zitat stammt von Ludwig Baumann (1921-2018), der 1942 wegen Desertion zum Tode verurteilt, begnadigt und in ein Strafbataillon überstellt wurde. Er war der wichtigste Vorkämpfer für eine Rehabilitierung dieser Opfergruppe.

Stadt Köln, im September 2019

Das Denkmal am Appellhofplatz

Das Denkmal ähnelt einer Pergola und hat als Dachkonstruktion einen "Kettentext", den man nur lesen kann, wenn man sich in dieses Kunstwerk hinein begibt. Der Kettentext lautet:

"Hommage den Soldaten die sich weigerten zu schießen auf die Soldaten die sich weigerten zu schießen auf die Soldaten die sich weigerten zu schießen auf die Menschen die sich weigerten zu töten die Menschen die sich weigerten zu töten die Menschen die sich weigerten zu foltern die Menschen die sich weigerten zu foltern die Menschen die sich weigerten zu denunzieren die Menschen die sich weigerten zu denunzieren die Menschen die sich weigerten zu brutalisieren die Menschen die sich weigerten zu brutalisieren die Menschen die sich weigerten zu diskriminieren die Menschen die sich weigerten zu diskriminieren die Menschen die sich weigerten auszulachen die Menschen die sich weigerten zu diskriminieren den Menschen der Solidarität und Zivilcourage zeigte als die Mehrheit schwieg und folgte ..."

Die Einweihung des Denkmals fand am 1. September 2009 am Appellhofplatz mit rund 900 Gästen statt. 

Sie ist fotografisch dokumentiert bei der Kölner Arbeiterfotografie.